Glück in Flaschen by Siems Luckwaldt | 25. November 2016 | Offices
Dieses Versprechen hält die Maison Krug dank größter Sorgfalt durch den gesamten aufwendigen Prozess der Champagner-Herstellung. Und das seit 1843. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die streng gewählten Weine. Gut 400 verschiedene aus bis zu 25 Lagen und zehn Jahrgängen werden probiert, ehe eine Grande Cuvée in den Kellertunneln von Reims zur Perfektion reifen kann. So viel Leidenschaft wird regelmäßig belohnt: mit treuen Fans, den Krugisten, und Bestnoten bei Verkostungen in aller Welt.
Dein erstes Glas Champagner vergisst du nie. Das war auch für Margareth Henriquez so, als sie mit acht Jahren zu Weihnachten endlich nippen durfte. In Caracas war das, vor rund 52 Jahren. „Meine Eltern versammelten die ganze Familie und unsere Hausangestellten, es gab Geschenke und mein Vater hatte für jeden ganz persönliche Worte des Danks. Und Champagner.“ Seit sie sechs war, so erinnert sich die Präsidentin und CEO von Krug, hatte sie gebettelt, endlich probieren zu dürfen, wovon ihr Papa und die Erwachsenen so schwärmten.
Heute muss Henriquez, die seit 2008 die Geschicke der Marke lenkt, bei niemandem mehr ein Glas erbitten. Und doch bleibt jeder Tropfen ein ganz besonderes Erlebnis: hergestellt aus den edelsten Rebsorten, in einem Prozess mit jahrhundertealter Expertise, geprägt von Leidenschaft. Das Beste vom Besten also; seit 1843. Das war das Jahr, in dem der Metzgerssohn Johann-Joseph Krug aus Mainz das Unternehmen voller Bewunderung für das französische Savoir-vivre in Reims gründete. Für echte Connaisseure – sogenannte Krugisten wie Maria Callas, Ernest Hemingway, Coco Chanel, John Le Carré oder Naomi Campbell – ein weltbewegender Einschnitt.
„Wir gehen nie den Weg des geringsten Widerstands, wir verschieben Grenzen.“ Olivier Krug, 6. Generation der Familie
Johann-Joseph Krug war damals zwar bereits 43, doch seine Vision des perfekten Champagners verfolgte er mit lodernder Energie. Moralische wie praktische Unterstützung erhielt Krug, der als gelernter Buchhalter in die Champagne kam, sich zum Teilhaber einer anderen Maison hochgearbeitet und die älteste Schwester seines Chefs geheiratet hatte, von dem erfolgreichen Winzer Hippolyte de Vivès. 1845 konnten die ersten 40.842 Flaschen „Krug Grande Cuvée“ abgefüllt werden, zur Reifung lagerten sie dann in den Kellerräumen an der Rue Saint-Hilaire.
Ein Abenteuer, zweifellos. Doch eines, auf das Johann-Joseph Krug bestens vorbereitet war. Acht Jahre lang hatte er aufgesogen, was er über Weinanbau, die Champagnerproduktion und deren Vermarktung wissen wollte, und sorgsam in ledergebundenen Tagebüchern notiert. Darunter 1848 seine „Gedanken zur Tirage von Cuvées und ihrer Komposition“, eine Art Manifest für die Flaschengärung. An diesen Prinzipien hat sich über sechs Generationen, nach turbulenten Kriegsjahren und durch den Verkauf an Louis Vuitton Moët Hennessy 1999 nichts geändert. Noch immer beginnt die Reise von jeder der kostbaren 450.000 Flaschen, die Krug pro Jahr ausliefert – gerade mal ein Prozent des Weltmarktes – als Traube herausragender Qualität. Stolze 30 Prozent stammen von eigenen Weingütern, etwa Clos de Mesnil und Clos d’Ambonnay, deren Erträge mit eigenen Jahrgangs-Champagnern gefeiert werden. Bis zu 70 Prozent aller angebotenen Trauben werden als „ungenügend“ zurückgewiesen. Schon bei der Ernte der Rebsorten Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay geht man bei Krug eigene Wege. Statt die Weinberge und -gärten an einem Tag abzuernten, wird der perfekte Augenblick und Tag für jede Rebe abgepasst. Hier ein kühler Dienstagmorgen, da die freitägliche Abendsonne.
Nur der Most der ersten Pressung wird verwendet und nicht in große Tanks gefüllt, sondern in eines von 4.000 Eichenfässern à 205 Liter, die die traditionsreichen Küfereien Seguin Moreau und Taransaud für Krug zimmern. Einige Wochen erfährt der Wein – nach Gut, Traubensorte und Lage getrennt – eine leichte natürliche Oxidation durch die Holzporen. Das Team um Kellermeister Eric Lebel spricht davon, der Wein werde „zum Leben erweckt“. In kleinen Edelstahlfässern findet später die erste richtige Gärung statt. Über die Herbst- und Wintermonate verkostet und benotet ein Komitee aus fünf ständigen Mitgliedern – darunter Olivier Krug, Repräsentant der Familie und seit zehn Jahren Direktor des Hauses, Eric Lebel und drei weitere Schlüsselpersonen – blind die 250 Weine des aktuellen Jahrgangs, ausgewählt aus 270.000 Anbaugebieten der Champagne. Zweimal pro Woche, jeweils um 11 Uhr, wenn die Geschmacksnerven besonders sensibel sind. Insgesamt 5.000 Verkostungsnotizen werden die Experten dabei schreiben.
Ende Dezember bildet sich der Charakter des Jahrgangs heraus und das Komitee sucht in der ständigen „Bibliothek“ – 150 Weine aus zwölf Jahrgängen – die fehlenden Nuancen für die perfekte Krug Grande Cuvée heraus. Im Frühjahr werden alle bisherigen Favoriten erneut verkostet, ehe Kellermeister Lebel drei Vorschläge für den Verschnitt unterbreitet. Die finale Kreation wird von April bis Mai abgefüllt und mindestens fünf Jahre gelagert, die Jahrgangs-Champagner sogar bis zu 15 Jahre. Nachzuvollziehen sind das Quartal und das Jahr, in dem die Flasche den Krug-Keller verließ, mittlerweile übrigens dank der sogenannten „Krug ID“ auf dem Flaschenetikett, eine App verrät zudem Details zur spezifischen Ernte.
Julie Vacil, Önologin bei Krug, beschreibt die fordernde Arbeit an einer Grande Cuvée, die Joseph Krug stolz gemacht hätte, im Scherz so: „Es ist wie bei Ratatouille. Man kann das Gemüse in einem Schnelltopf 20 Minuten köcheln lassen – oder man respektiert jede Gemüsesorte, bereitet sie getrennt zu und führt alles erst kurz vor dem Servieren zusammen. So erhält man das Beste aus allen Zutaten!“ Und alles „nur“, damit sich am Schluss ein Bouquet im Glas entfaltet, bei dem jeder Kenner eigene Assoziationen nennt: ungepflückte Äpfel, Mandeln, Brioche, Zitrusfrüchte, Haselnuss, Leder.
Ein Meisterwerk, viel zu schade, um es nach einem Autorennen in die Menge zu sprühen. Oder zu kalt zu trinken. Etwas mehr als die allgemein propagierten acht bis zehn Grad dürfen es schon sein, rät Margareth Henriquez. Und bitte keine Flöten, sondern Weißweingläser, sonst schmecke man kaum etwas außer frostigen Bläschen. Grenzen zu sprengen liegt dem Haus Krug und seiner Präsidentin, die in Harvard Management studierte und gerade ihren Doktor macht, im Blut. „Champagner ist nicht bloß ein Aperitif, gerade unser Rosé harmoniert wunderbar zum Hauptgang. Und warum nicht ein Glas Krug Collection im Cognacschwenker zu einer großartigen Zigarre genießen?“
„Wer einen Krug genießt“, schrieb die Autorin Serena Sutcliffe in ihrem Buch über die Champagne,„der trägt zur Versöhnung der Menschen bei: Es ist unmöglich, verbittert oder eifersüchtig zu sein, wenn man den Geschmack eines solchen Nektars gekostet hat.“