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Inselglück by Merle Wilkening | 29. August 2024 | Prime Properties

Dort, wo der Nordseewind weht und Ebbe und Flut kommen und gehen, steht das Töpferhaus beständig als Zeuge der Zeit. Das Anwesen in Keitum auf Sylt trägt eine künstlerische Handschrift.

Wer hier als Gast oder Bewohner eintrifft, wird direkt vom Zuhause begrüßt. Töpferhaus – dieses Wort prangt in großen Lettern über der hellblauen Tür. Drum he­rum ranken blühende Kletterrosen, wie eine brünette Haube sitzt dem Haus das ortstypische, traditionelle Reetdach auf. Eine einladende Szenerie.

Anwesen wie dieses sind auf Deutschlands größter Nordseeinsel nicht nur bei den alteingesessenen Syltern sehr begehrt, aber selten verfügbar. Der Immobilienmarkt auf Sylt gilt als einer der nachgefragtesten in ganz Deutschland (siehe S. xx). Am Strand entlang oder über die Insel spazieren und sich die frische Seeluft um die Nase wehen lassen – davon träumen viele. Das Phänomen Sylt hält sich hartnäckig: Die Nachfrage ist riesig, das Angebot gering. Umso glücklicher schätzen kann sich, wer den langen Sandstrand, die Dünenlandschaften und das UNESCO-Weltnatur­erbe Wattenmeer in unmittelbarer Nähe vor der eigenen Haustür hat. Im beschaulichen Kapitänsdorf Keitum liegen prächtige alte Friesenhäuser, umgeben von romantischen Gärten mit altem Baumbestand. Exklusive Boutiquen, Kunsthandwerksläden, Galerien und Cafés vervollständigen das Bild.

Das Töpferhaus im Herzen des idyllischen Örtchens Keitum ist ein besonderes Beispiel dafür, wie pure Schönheit in einer über die Jahre gepflegten Form bestehen kann. In den 1960er-Jahren wurde das Haus über vier Jahre unter der Leitung des Künstlers und Goldschmiedes Wolfgang Skoluda saniert und umgestaltet. Skoluda kaufte historische Baumaterialien von Sylter Dachböden und Baustellen und verband sie zu einem neuen Ganzen. Seinen Namen bekam das Töpferhaus, als Ende der 1960er-Jahre Ehefrau Regine eine kleine Töpferstube in der Werkstatt eröffnete, die sich über viele Jahrzehnte als Ort zeitloser Kreativität einen Namen machte. Generationen von Syltern und Insel-Besuchern trugen die individuell gestalteten Keramiken der Töpferei in ihre Küchen. Die Töpferei Skoluda wurde 2019 in der herkömmlichen Form geschlossen.

Die künstlerische Handschrift und Atmosphäre lebt bis heute in liebevollen Details und ausgewählten Elementen weiter und verleiht diesem Haus eine besondere Qualität. Während die lokale Verbundenheit und Tradition unabdingbar mit dem Bau verknüpft sind, haben sich die Eigentümer auch von fernöstlicher Philosophie leiten lassen: Das ursprüngliche Inselhaus verkörpert für sie zugleich die Idee des Wabi-Sabi; ein ästhetisches Konzept, das aus Japan stammt und bei dem es darum geht, Schönheit in der Unvollkommenheit der Natur zu finden.

Das denkmalgeschützte Anwesen aus dem Jahr 1780 ist aufgeteilt in eine große Wohnung im Erd- und Obergeschoss sowie einen Gästebereich und eine Werkstatt im Erdgeschoss; die ehemalige Töpferei. Das dazugehörige Atelierhaus befindet sich auf der Rückseite des Hauses und lässt Raum für Gestaltung und künstlerische Entfaltung. Die Böden und Einbauten im Obergeschoss sind zum großen Teil aus Pitchpine, das im Zuge der Sanierung aus einem alten Hotel in Westerland erworben wurde. Im Erdgeschoss bestehen die Böden aus alten Fliesen, kombiniert mit unterschiedlichen Holzböden und modernen Materialien in beiden Bädern. Alle Materialien sind sensibel an das Vorhandene angepasst worden.

Im gesamten Haus verbergen sich sorgsam erhaltene Schmuckstücke. Eine außergewöhnliche Rarität bilden zwei fast lebensgroße Wächter, die eine deckenhohe Schiebetür zieren. Die freundlich blickenden Herren stehen im Gehrock, mit Spitzhüten und Gewehren bewaffnet vor dem Zimmer mit Blick in den üppigen Südgarten. Das Sölring Museum in Keitum beherbergt in seiner Sammlung noch eins dieser Wächterpaare – sonst ist auf der Insel kein weiteres dieser ungewöhnlichen Bilder bekannt. „Mein persönlicher Lieblingsort ist der Raum hinter den Wächtern. In diesem Zimmer bin ich geboren. Der Blick in den Garten ist fantastisch und sehr beruhigend. Das alte Beet mit den riesigen Mohnblumen, Lupinen und Pfingstrosen gibt den Jahreszeiten ein Gesicht. Es ist hoch, wild und wunderschön“, schwärmt Tochter Skoluda, die derzeitige Eigentümerin.

Das Grundstück umfasst mehr als 2.000 Quadratmeter. Im Südgarten gibt es alten Obstbestand, verschiedene Stauden und Heckenrosen. Die Kletterrosen an der Front des Hauses blühen seit vielen Jahren stetig. Ein hauseigener Brunnen mit Anschluss im Südgarten erleichtert die Gartenpflege. Der Nordgarten ist großzügig angelegt, hier standen früher, als das Haus eine Gärtnerei beheimate, große Gewächshäuser. Ein alter Mirabellenbaum schenkt Schatten und Früchte.

IssueGG Magazine 04/24
City/Country.
PhotographyBenne Ochs