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Sofia Vergara by Juan Moreno | 5. März 2021 | Personalities

Die Kolumbianerin Sofia Vergara ist die bestbezahlte Schauspielerin der Welt. Mit ihrem umwerfenden Äußeren hat das nur am Rande zu tun. Mit souveräner Komik und ihrer Fähigkeit, sich nach Schicksalsschlägen wieder aufzurichten, umso mehr.

Es ist schwer zu sagen, ob schöne Frauen es leichter im Leben haben. Die Meinungen gehen auseinander. Schönheit ist ein Geschenk, heißt es, aber auch eine Last. Kein Garant für Erfolg. Für Glück schon gar nicht. Schönheit, so viel scheint sicher, hat Konsequenzen. Denkt man also über Sofia Vergaras Aufstieg als Schauspielerin nach, dann liegt die Vermutung nah, dass vor allem ihre atemberaubende Schönheit den Erfolg erklärt.

Nicht Jennifer Lawrence, nicht Scarlett Johansson, nicht Angelina Jolie, nein, Sofia Vergara ist derzeit die bestbezahlte Schauspielerin des Planeten. 43 Millionen Dollar soll sie laut Forbes-Magazine im letzten Jahr verdient haben. Als Star der Sitcom „Modern Family“ soll sie eine halbe Million Dollar pro Episode bekommen haben. Sie spielt in der Serie eine schreiend komische, südamerikanische Sexbombe, die als politisch unkorrekte Klischeefigur nicht nur ihren Ehemann (gespielt von Ed O’Neill, besser bekannt als Al Bundy aus „Eine schrecklich nette Familie“) in den Wahnsinn treibt.

Auch außerhalb der Serie scheint die gebürtige Kolumbianerin ihre Sitcom-Rolle zu leben. Weibliche Kurven, große Oberweite, volle Lippen, dazu ein Latino-Akzent, der selbst Schauspieler-Kollege Antonio Banderas’ Privatkrieg mit der englischen Aussprache in den Schatten stellt. Vergara sei „purer Sex und großer Spaß“ sagen Fans, darunter auffallend viele Frauen. Für den US-Sender NBC entwickelt sie zurzeit eine weibliche Zorro-Adaption. Beschäftigt man sich ein wenig mit Sofia Vergara, wird klar, dass sie nicht wegen ihres Aussehens erfolgreich ist. Nicht mal wegen ihrer Kunst. Vergara ist keine brillante Schauspielerin. Und sie wäre wohl die Erste, die das einräumt.

Sie flirtet, sie kokettiert, sie provoziert. Sofia Vergara ist ein Orkan im Studio.

Die Schauspiel-Ikone Sharon Stone hat zum Schicksal schöner Frauen in Hollywood mal einen sehr klugen Satz gesagt: „Es ist gar nicht so leicht, so schön zu sein, wie man aussieht.“ Sofia Vergara gelingt in den Augen ihrer Fans genau das: Sie ist so schön, wie sie aussieht. Berühmt wurde sie als starke Frau, die kaum eine Gelegenheit auslässt, über ihre Schwächen zu lachen. Die spektakulär attraktive Latina, die nicht daran denkt, sich mit Rehaugenaufschlägen durch Interviews zu retten. Bestes Beispiel ist das sehr männliche Late-Night-Show-Karussell im US-Fernsehen, das Vergara dominiert wie kaum eine andere. Sie gibt bei diesen Auftritten die verführerische, aber vor allem schlagfertige Ikone. Reihenweise lässt sie die Moderatoren sprachlos zurück. Sie flirtet, sie kokettiert, provoziert und setzt Pointen mit traumwandlerischer Gelassenheit. Diese Männer, sonst Festungen der Selbstsicherheit, halten sich an ihren Kärtchen fest und erkennen früh, dass sie die vorgefertigten Fragen auf diesen nie stellen werden. Sie wissen nicht, wie ihnen geschieht. Vergara ist ein Orkan im Studio, ein Orkan, den die Zuschauer lieben.

Als man sich in einer dieser Shows über ihren sehr starken spanischen Akzent lustig machen wollte, ließ man sie Twitter-Kommentare vorlesen: „Sofia Vergara klingt, als habe sie einen P**** im Mund. Ich hasse, wie sie spricht“, war einer. Vergara erwiderte: „Was ist falsch daran, einen P**** im Mund zu haben?“

Bei einer Preisverleihung recht früh in ihrer Karriere sollte sie sich kurz vorstellen. Sie trug ein enges weißes Kleid mit sehr tiefem Dekolleté. „Ich wuchs in Barranquilla, Kolumbien, auf. In einem sehr traditionellen, katholischen Haushalt. Mein Vater sagte mir, dass, falls ich irgendwann etwas Künstlerisches machen sollte, ich wie eine Prostituierte aussehen würde. Ich antwortete ihm: ,Mit diesen Riesenbrüsten, die ich von deiner Mutter geerbt habe, sehe ich ohnehin schon aus wie eine Prostituierte. Ich bin Sofia Vergara, und ich bin Schauspielerin.“

Vergara ist so komisch, dass man ihre Schönheit vergisst, etwas, was nur wenigen attraktiven Menschen gelingt. Das unterscheidet sie von anderen Hollywood-Schönheiten. Macht sie einmalig. Erklärt einen gewichtigen Teil der 43 Millionen Dollar. Vergara ist nicht austauschbar durch eine andere schöne Latina. Und natürlich wurde sie dafür kritisiert. Sie würde durch ihr provokantes, oftmals erotisches Äußeres das Klischee der naiven, oberflächlichen Latina verstärken. Ihre sexualisierten Auftritte seien letztlich frauenfeindlich, schrieben Zeitungskommentatoren. Vergara hat oft auf die Vorwürfe geantwortet. Freundlich und ein wenig ungläubig. „Wem gefällt es nicht, attraktiv genannt zu werden? Ich denke über solche Dinge überhaupt nicht nach. Ich bin, wer ich bin. Was soll ich tun, mit einer Papiertüte überm Kopf herumlaufen?“

Einer der Gründe, warum Vergara relativ immun gegen solche Anfeindungen sein dürfte, liegt vermutlich in ihrer Biografie. Denn wenn man sich ihr Leben anschaut, sind Angriffe von Ostküsten-Intellektuellen und deren Frauenbild vermutlich nicht das Wichtigste in ihrer Welt. Sofia Vergara wurde 1972 in einer wohlhabenden Familie in Barranquilla, Kolumbien, geboren. Der Vater war als Viehzüchter wohlhabend geworden, die Mutter kümmerte sich um die fünf Kinder. Sofia heiratete mit 18 ihre Jugendliebe José González und bekam mit 19 ihren Sohn Manolo. Bei einem Spaziergang wurde sie von einem Casting-Agenten angesprochen. Ob sie sich vorstellen könne, Werbung zu machen. Vergara hatte bis dahin keinen Gedanken daran verschwendet, mit ihrem Aussehen Geld zu verdienen. Es folgte ein Shooting, kurz darauf ein Clip für Pepsi. Dieser machte sie in ganz Lateinamerika berühmt. Recht schnell fragte das Fernsehen an. Die Ehe mit José ging ebenso schnell in die Brüche. Vergara, gerade mal Anfang zwanzig, war nun alleinerziehend. Sie studierte nebenbei Zahnmedizin.

Kolumbien war in den 90er-Jahren ein Land im Chaos. Drogenboss Pablo Escobar terrorisierte die Bevölkerung, marodierende Banden kontrollierten weite Teile des Staatsgebietes. Die Todesraten in Cali, Bogotá und Medellín gehörten zu den höchsten der Welt. Entführungen mit anschließenden Lösegeldforderungen waren an der Tagesordnung. Ein Opfer dieser blutigen Jahre sollte Sofias älterer Bruder werden, Rafael. Er war damals 27 Jahre alt. Sein Mörder wurde nie gefasst. Vergaras Mutter, Margarita, sollte nie wieder dieselbe sein. „Sie war wie ausgetauscht, ein Zombie“, beschreibt die Schauspielerin sie.

Sofia Vergara lebte zu diesem Zeitpunkt bereits mit ihrem Sohn Manolo in Miami. Das Studium hatte sie aufgegeben, um für einen spanischsprachigen Sender als Moderatorin zu arbeiten. Nach der Ermordung des Bruders holte sie die gesamte Familie mit Ausnahme des Vaters in die USA, ihre Eltern lebten da bereits getrennt. Rafaels Tod erschütterte sie alle. Ihr Bruder Julio, der seinem älteren Bruder sehr nahegestanden hatte, erholte sich nie von dem Verlust. Nach und nach verlor er die Kontrolle über sein Leben. Erst verfiel er dem Alkohol, dann härteren Drogen, zuletzt wurde er als cracksüchtiger Kleinkrimineller zurück nach Kolumbien abgeschoben. „Jemandem zehn Jahre beim Sterben zuzusehen ist die schlimmste Bestrafung“, sagt Vergara.

Im Jahr 2000, sie war damals 28, folgte die nächste Tragödie: Die Ärzte diagnostizierten bei Sofia Vergara Schilddrüsenkrebs. Ihre Schilddrüse musste entfernt werden. Die Erfahrung hat sie tief geprägt, bis heute engagiert sie sich für Krebsopfer. Wird sie nach dieser Zeit gefragt, antwortet Vergara stets ähnlich. „Ich beschwere mich nicht, selbst wenn schlimme Dinge passieren. Ich mache immer weiter.“ Warum solle man deprimiert im Bett liegen? Mit der gleichen Energie könne man auch sein Leben wieder in Ordnung bringen.

Genau das tat sie. Der erste kleinere Durchbruch kurz nach ihrer Heilung brachte 2002 eine Nebenrolle in der Hollywood-Komödie „Jede Menge Ärger“. Nach weiteren kleineren Rollen wurde sie 2009 für die Sitcom engagiert, die alles verändern sollte: Sofia Vergara spielte Gloria Delgado-Pritchett in „Modern Family“. „Die Rolle meines Lebens.“ Eine kurvige, laute Latina, die einen deutlich älteren US-Amerikaner heiratet, der sich in der Serie nicht entscheiden kann, ob diese attraktive Frau das Glück seines Lebens ist oder ob so viel Temperament und Energie ihn letztlich umbringen werden.

Viermal in Folge, von 2010 bis 2013 wurde Vergara für einen Emmy nominiert. Im letzten Jahr erhält sie den renommierten „People’s Choice Award“ in der Kategorie Comedy. Sofia Vergara ist die populärste Komödiantin der USA. Sie genießt ihren Erfolg. In einem Interview für ein arabisches Magazin sagte sie mal, dass sie dem Motto „weniger ist mehr“ nichts abgewinnen können. Asketischer Minimalismus ist nichts für sie. Ihr Motto sei „mehr ist mehr“.

Sie liebt schöne Kleidung, ausgelassene Feste, sie liebt es, mit Freundinnen einkaufen zu gehen. Ihr Lieblingsgang ist der Nachtisch, Sport macht sie, weil es der Beruf mit sich bringt und gesund ist. Mit Spaß hat das nichts zu tun. Vergara heiratete vor fünf Jahren Joe Manganiello, Star der Serie „True Blood“ und zuletzt für verschiedene Superhelden-Rollen im Gespräch, was naheliegend ist, da er genauso aussieht. Manganiello ist ein muskelbepackter, knapp zwei Meter großer Hüne, der als ausgesprochen guter Schauspieler gilt. Die beiden führen für Hollywood, wo Vergara seit gut 15 Jahren lebt, ein eher zurückgezogenes Leben in einer 26-Millionen-Dollar-Villa in Beverly Hills. Auch wenn eine Weile das Gerücht kursierte, es sei gemeinsamer Nachwuchs geplant, scheint die Entscheidung dagegen gefallen zu sein. Vergara ist 48. Sie hat eine sehr enge Beziehung zu Manolo, ihrem erwachsenen Sohn. Als dieser kürzlich gefragt wurde, wie sie als Mutter sei, antwortet er: „Sie schreit viel, ist übervorsorglich und die beste Mutter, die es gibt. Eine typische Latina.“ Auch das ist ein Klischee über sie, mit dem Sofia Vergara vermutlich leben kann.

IssueGG Magazine 02/21
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