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Willkommen in meinem Paradies by Kristina Stewart Ward | 3. Dezember 2012 | Personalities

Wolfgang Ludes hat sich als Fotograf einen Namen gemacht, nun setzt er sein Gespür für die richtige Location und das beste Licht als Architekt ein: Auf St. Barths baute er sich ein Haus in einen Fels mit Blick über die Bucht von St. Jean.

„Ich sehe keine wesentlichen Unterschiede wischen Architektur und Fotografie“, sagt Wolfgang Ludes. Auf das Konto des Modefotografen gehen einige kürzlich fertiggestellte Architekturprojekte, das jüngste da­runter die dreigeschossige Villa „Teman“, die mitsamt ihren üppigen Gartenanlagen in ein steiles Kliff der Karibikinsel St. Barths hineingearbeitet wurde. „Beide Disziplinen sind visuell“, fährt Ludes fort, „und beide erfordern viele technische Elemente, um das Bild, das im Kopf entstanden ist, zu verwirklichen.“ Im Fall von „Teman“ (indonesisch für „Freunde“) fand diese Kopfgeburt um zwei Uhr nachts statt.

„Erst haben wir überlegt, wie viele Gäste man hierher einladen kann. Danach haben wir die Küchenborde geplant.“ Wolfgang Ludes

„Ich stand aus dem Bett auf, setzte mich an meinen Schreibtisch und verbrachte den Rest der Nacht damit, das Gebäude zu zeichnen. Wenn ich mir heute die endgültigen Renderings und Blaupausen ansehe, bin ich fast schockiert darüber, wie sehr das fertige Haus der ursprünglichen Zeichnung entspricht – die Abmessungen, der Schnitt der Räume … sogar die Anzahl der Trittsteine im Pool.“

Ludes’ instinktives Beherrschen der Architektur wurde von einem so angesehenen Kollegen wie Richard Meier gelobt. Der amerikanische Stararchitekt preist Ludes für seinen Perfektionismus, das Gespür für die richtige Location, die Raumaufteilung und den Einsatz von natürlichem Licht. Diese Komplimente hätte man Ludes ebenso gut für sein fotografisches Werk machen können, zu dem Arbeiten für L’Oreal, YSL und Chanel gehören – aber sie wurden ihm nun einmal für seine Häuser im modern-balinesischen Stil zuteil, die in einem steilen Abhang mit Blick auf die Bucht von St. Jean stehen. Beim Anblick der Bauplätze beider Villen – von „Teman“ und dem weiter oberhalb gelegenen „The Peak“ – haben die meisten Leute sicher gedacht: Was für eine großartige Aussicht, aber zu schwierig zu bauen. Ludes sah hinauf und dachte: Wann können wir anfangen? „Das Land hat zu mir gesprochen“, erklärt er, „und ja, wir hatten eine Menge Fels abzutragen, um Platz zu schaffen, aber das war es wert – für diesen unprätentiösen Chic und die organische Anmutung, die ich für die Gebäude und ihre Grundstücke schaffen konnte. Ich wollte, dass sie sich in ihre Standorte hineinschmiegen; ein Haus, nach dem man Ausschau halten muss, ein Domizil, das sich nach und nach enthüllt.“

„Ich liebe es, Schönes zu schaffen. Und mir dafür immer neues Handwerkszeug zuzulegen.“ Wolfgang Ludes

Es ist ein verborgenes Meisterwerk von inneren und äußeren Flächen mit gewundenen Pfaden und Treppenaufgängen, die zu Dschungelgärten führen und die durch drei Etagen aufeinander abgestimmter Wohnflächen mäandern. Es gibt zwei ebenerdige Gäste-Bungalows mit einer Innenausstattung, die Ludes entworfen hat, um die Räume frei von jedem Durcheinander zu halten und den Blick auf die atemberaubende Aussicht zu lenken. Räume, Wandschränke, ein Arbeitszimmer, selbst eine komplette Küche sind hinter dunklem Wengeholz verborgen; die Böden sind aus Travertin, ebenso wie die meisten Außentreppen des Domizils. Ludes hat einen beeindruckenden Hang zu Neugier und Geduld, und beides hat er ausgiebig in die Basics des Gebäudes investiert. „Ich habe so viel Zeit damit verbracht, genau die passenden Materialien zu finden, um das richtige Gefühl für ,Teman‘ zu entwickeln“, sagt er und meint damit alles von den Pool-Kacheln mit ihrer „perfekten Schattierung von Graugrün“ bis hin zum „Sandstein, ausgeführt in drei Stärken und drei Oberflächen, um interessante Stützwände zu schaffen für die Treppen“.

„Wenn ich ausgehe, dann meistens ins ‚L’Isola‘, die ‚Sand Bar‘ des ‚Eden Roc Hotels‘ oder ins ‚La Plage‘.“ Wolfgang Ludes

Ebenso viel Sinn hat er für die Lebenskunst und dafür, wie sie in einem Domizil wie diesem ihre Bühne findet. Das mittlere Geschoss des Gebäudes ist auf Begegnungen fokussiert: Die großzügige Küche, in der sich Gäste zum Kochen zusammenfinden, der lange Esstisch genau vor dem Küchentresen, die Veranda mit dem bündig eingelassenen Pool, die sich gerade unterhalb des Wohnzimmers erstreckt – all diese Bereiche sind so ausgerichtet, dass sie während des Tages einen Ausblick auf die Bucht von St. Jean bieten. Bei Nacht ist es die Feuerstelle, die zum Treffpunkt wird.

„Architekt sein ist wunderbar. Aber ich wünschte, jemand würde mich bitten, ein Boot zu entwerfen.“ Wolfgang Ludes

Wenn es aber um Privatsphäre geht, lockt fünf Meter höher das dritte Geschoss. Schiebewände machen die Grenzen zur Natur und zum besten Ausblick der Villa durchlässig und bieten ihren Bewohnern andererseits die Privatheit einer in den Fels getriebenen Nische. Eingebettet zwischen der gezackten Wand des Dschungels und der Suite gibt es eine Badewanne, von Hand aus massivem Holz gearbeitet. Das Interieur ist in einer dezenten Palette von beigefarbenem Stein, dunkelbraunem Holz und weißem Stoff gehalten, und die Details erinnern die Hausbewohner daran, dass hier alle Aspekte des Wohnens bedacht wurden. „Wir haben die Schminktische und Spiegel selbst entworfen und gefertigt, weil ich nicht genau das finden konnte, wonach ich gesucht habe. Ich habe sechs Monate vergeblich nach den passenden Deckenventilatoren gefahndet, bis ich sie schließlich in Auftrag gegeben habe. Es gibt Dutzende von Lautsprechern, verborgen installiert auf dem ganzen Anwesen. Das haben wir getan, um überall ein gleichbleibendes Lautstärkeniveau zu schaffen, nicht weil die Musik unbedingt laut sein sollte.“ Trotzdem kann das Domizil Partys mit 170 Gästen beherbergen – und hat es auch schon. Wenn man diese Partys erwähnt, bringt Ludes das Gespräch auf die Voraussicht, die gefordert ist, wenn solch eine Anzahl von Gästen zu erwarten ist. „Erst einmal haben wir festgelegt, wie viele Gäste man hierher einladen kann, dann haben wir abgeschätzt, wie viele Gläser man dafür braucht, und zu guter Letzt haben wir sichergestellt, dass in der Küche genug Borde sind, um so viele Gläser unterzubringen.“ So etwas nennt man Liebe zum Detail.

Und? Mit einem so einladenden Heim und mit genug Freunden, um es regelmäßig zu beleben, findet der international arbeitende Fotograf da überhaupt genug Zeit für die Kultur und das Nightlife von St. Barths? „O ja, natürlich!“, lacht Wolfgang Ludes. „Ich liebe es, Zeit in meinem Haus zu verbringen, an dessen Vollendung ich so hart gearbeitet habe, aber es ist auch schön, mich draußen mit Freunden herumzutreiben, da finde ich Inspiration.“

IssueGG Magazine 01/13
City/CountrySt. Barths
PhotographyMark Seelen