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Meet @Drawbertson by Steffi Kammerer | 3. Juni 2016 | Personalities

Was er zu Papier bringt, ist wie er – elegant und durchgeknallt. Mit seinem Instagram Feed beginnt für viele in der Modewelt der Tag, Beyoncé und Pharrell Williams gehören zu seinen größten Fans. Donald Robertson macht süchtig. Und seine Geschichte ist ein Internet-Märchen – vom fünffachen Familienvater, der mit 50 sein Medium fand.

Eine Welt in Pink und Gelb, mit schnell gemalten Kussmündern und langen Beinen. Dazu Surfbretter, Hunde, sattes Gras und fröhliche Zwillingsjungs, hier und da neonfarbenes Klebeband. Den Instagram-Account von Donald Robertson sollte es auf Rezept geben.

Bei ihm in Los Angeles ist es halb zehn Uhr morgens, als ich ihn anrufe, da hat er schon einen halben Arbeitstag hinter sich. Wie immer ist er auch heute um vier Uhr früh aufgestanden, mehr als ein paar Stunden dauert die Nacht bei ihm nie. „Ich bin viel zu aufgeregt.“ Wenn seine Familie noch schläft, geht er durch den Garten in sein Studio und legt los.

Egal, ob ET, die Queen, Kanye West oder Jackie O., ihm fällt zu allem etwas ein. Er sieht Walnüsse und verwandelt sie in den Kopf von Anna Wintour, Yves Saint Laurent oder Iris Apfel (ihr hat er gleich eine Halskette auf die Jacke gepinselt, als sie mal sein Studio besuchte).

Kermit der Frosch und Hermès: Daraus wird Kermès mit Kelly Bag. Das Louis-Vuitton-Muster malt er auf Milchcontainer und Einkaufstüten, Coco Chanel kommt auf eine Box mit Cocoa Puffs, aus braunfleckigen Bananen werden Leoparden. Ein Comme-des-GarÇons-Herz aus Ketchup und darüber ein Pharrell-Williams-Hut aus Toastbrot – eine Idee im Restaurant. Likes, Likes, Likes! Und natürlich: von Williams geteilt.

„Tage ohne Ideen? 
Nein, so etwas kenne ich nicht.” Donald 
Robertson

Tage ohne Ideen? „Kenn ich nicht“, sagt Donald Robertson. Kann man das lernen? Er rät, einfach auf die Stimmen im Kopf zu hören. Und wenn da nichts kommt? Nur Geduld.

Nach dem Frühstück fährt er in die Innenstadt ins Büro: Im Hauptberuf nämlich ist er Kreativdirektor von Estée Lauder. Er bewegt sich permanent zwischen jenen beiden Polen: Kunst und Kommerz. „Ich mag diese Extreme.“ Gerade arbeitet er ganz altmodisch an einem Buch, ein Best-of-Instagram wird es werden, der Verlag ist noch geheim. „Mir gefällt die Idee, mal den Rückwärtsgang einzulegen.“ Robertson ist Profi, er weiß genau, wie Markenbildung funktioniert, auch bei sich selbst. Hat sein halbes Leben lang Werbekampagnen erfunden oder die Optik für Magazine wie „Marie Claire“ und „Cosmopolitan“ gestaltet. Eigentlich war er ein Social-Media-Muffel. Alles änderte sich, als er 2012 Instagram entdeckte. 50 Jahre alt war er da und sein zweites Leben begann: als 
@drawbertson mit Fans auf der ganzen Welt. Dabei tat er, was er immer getan hatte – nur dass seine sprudelnden Ideen plötzlich nicht nur die Familie und Kollegen freuten.

Bald fragte ihn der britische Designer Giles Deacon, ob 
er seinen Kussmund aus dem Instagram-Feed verwenden dürfe. Als dann Deacons neue Kollektion präsentiert wurde, saß ein staunender Donald Robertson in der ersten Reihe: Alle Models trugen Kleider mit den Lippen, die er gemalt hatte. Wenig später trug „Game of Thrones“-Schauspielerin Emilia Clarke eins der Kleider auf dem Cover der britischen „InStyle“. Im letzten Juni ist er mit seiner Frau und fünf Kindern von New York nach L. A. gezogen. „Die Stadt war wie angezündet.“ Wie in den 80ern, als er nach Manhattan kam und die Welt sich um Hochglanzmagazine drehte. „Heute geht alles um Youtube und hier ist L. A. der Mittelpunkt.“ Die „New York Post“ schrieb, Donald Robertson sei der Warhol von Instagram. Andere würden den Vergleich vielleicht scheuen. „Nicht im Mindesten“, sagt dagegen er. „It’s catchy!“ Außerdem habe auch Warhol als Illustrator in New York begonnen. „Andy Warhol würde Instagram lieben. Er hat Instagram benutzt, bevor es Instagram überhaupt gab.“ Gut 170.000 Follower hat Robertson heute und eine höchst lukrative Zweitkarriere. Geschafft hat er es mit ein paar Stiften und seinem iPhone. Manchmal kann er selbst nicht fassen, was passiert ist, wie plötzlich alles zu ihm kam, J. Crew und Bergdorf Goodman. Selbst die modeversessene Giraffe Mitford, die er erfunden hat, ist mittlerweile ein Buch.

Zurzeit arbeitet er mit Stacey Bendet, der Gründerin des Labels Alice  Olivia. Das hat schon einmal hervorragend funktioniert. Da hatte er Stacey gemalt, einfach weil er sie auf Instagram entdeckt hatte und cool fand. Aus Robertsons Zeichnung machte Stacey eine Bluse. Dann postete Beyoncé ein Bild von sich mit eben jener Bluse – Robertson erzählt es noch heute mit Ausrufezeichen in der Stimme. „Was ist denn das für eine Welt“, lacht er. „Alles ist passiert ohne Anwälte und ohne Meetings.“ Er hat nun eine Stimme und nutzt sie zunehmend. Vor einigen Monaten postete er, was ihn sein Sohn auf der Fahrt zur Schule gefragt hatte: „Dad, warum sind nur alte weiße Männer auf unseren Geldscheinen?“ Neben #hitdabrakes und #uhhhhhh stellte er eine Fünf-Dollar-Note, auf die er Oprah Winfrey gemalt hatte. Ein halbes Dutzend Posts setzt @drawbertson täglich ab. Tage ohne Instagram? Gibt es nicht. „Niemals“, sagt er. „Ich hab nicht mehr so viel Zeit. Wäre ich 20, würde ich eine Woche Ferien machen. Aber ich bin ein alter Kerl. Ich habe jetzt meine 15 Minuten. Die nutze ich.“

IssueGG Magazine 03/16
City/CountryLos Angeles/ U.S.
PhotographyTodd Selby
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