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Planet Musk by Steffi Kammerer | 3. Juni 2016 | Personalities

Vom gemobbten Schulkind zum Silicon-Valley-Superstar. Elon Musk – Aufmischer und Überflieger, verehrt und umstritten. Er greift immer nach den Sternen. Wo andere schon im Ansatz aufgeben, kommt er in Fahrt. Ein Wahnsinniger, ein Getriebener, ein Workaholic. Und einer, mit dem niemand gerechnet hatte. Plötzlich, so schien es, war er da. Und revolutionierte mit völlig neuartigen Ideen gleich zwei Branchen: mit Tesla die Autoindustrie, mit SpaceX die Raumfahrt. In Pension gehen will er auf dem Mars. Aber bis dahin hat er auf der Erde noch reichlich zu tun.

Als kleiner Junge, das erzählt er gern, habe er Angst vor der Dunkelheit gehabt. Begriff dann aber: Schwarz war nur die Abwesenheit von Photonen. Anderen Kindern würde die abstrakte Information wohl wenig helfen. Bei Elon Musk aber war die Furcht damit verflogen. Die vor der Dunkelheit jedenfalls.

Heute sei es nicht so, dass er keine Angst habe, im Gegenteil, sagte Musk letztes Jahr einem Schweizer Wirtschaftsmagazin. Aber: „Wenn genug auf dem Spiel steht, überwindet man sich. Trotz der Angst. Ich glaube, man kann fast jede He­rausforderung meistern. Man muss sich nur entscheiden, an welcher man arbeitet.“ In seinem Fall: nachhaltige Energie und die Erforschung des Weltalls. „Es sind die wirklich wichtigen Probleme der Menschheit.“ Würden die Probleme erneuerbarer Energien bis zum Ende des Jahrhunderts nicht gelöst, werde die Weltwirtschaft kollabieren. „Und die Erde wird uns eines Tages nicht mehr reichen. Die Menschheit braucht neue Lebensräume.“

Also: auf zum Mars. Den will er besiedeln, als Ausweichquartier. Nicht irgendwann, sondern in spätestens 20 Jahren. Als er diesen Plan zum ersten Mal öffentlich machte, dachten die meisten, nun sei er wirklich verrückt geworden. Größenwahnsinnig. Heute belächelt ihn keiner mehr. Dafür lag er mit vergangenen Prognosen und Zeitangaben viel zu häufig richtig. Jungenhaft sieht er aus. Im Internet gibt es Mitschnitte von einigen Interviews, die er in den letzten Jahren gegeben hat. Da fällt vor allem auf, wie leise und ernsthaft er spricht, stockend, fast schüchtern. Früher, in der Schule, wurde er gemobbt, einmal haben sie ihn krankenhausreif geschlagen. Also zog er sich zurück, verbrachte seine halbe Jugend mit Comics von Superhelden, die die Welt retteten. Und denen nichts unmöglich schien.

Elon Musk ist im Apartheids-Südafrika aufgewachsen, als ältestes von drei Geschwistern. Er hat das Land mit 17 verlassen, um dem Militär zu entkommen. Ging erst nach Kanada, dann als Physikstudent an die Universität von Pennsylvania, schließlich nach Stanford, um zu promovieren. Hier allerdings blieb er nur zwei Tage. Stattdessen gründete er mit seinem Bruder das erste Unternehmen – das verkauften sie 1999 für sagenhafte 307 Millionen Dollar. Sein Geld steckte er sofort ins nächste Abenteuer: den Online-Bezahldienst Paypal. Als diese Firma 2002 für 1,5 Milliarden Dollar an eBay verkauft wird, ist Elon Musk 32 Jahre alt.

„Wenn genug auf dem Spiel steht, überwindet man sich. Trotz der Angst.“ Elon Musk

Er hätte sich bequem zur Ruhe setzen können. Stattdessen investierte Musk all sein Vermögen in zwei höchst waghalsige Unternehmen: 2002 gründete er SpaceX, ein Start-up, das deutlich verbilligte Flüge ins All versprach; einfach, indem Raketen mehrfach verwendet würden. Ein Jahr später rief er Tesla ins Leben: Elektroautos, wie es sie nie gegeben hatte, cool und mit Sexappeal.

Elon Musk ist nicht nur einer der reichsten Männer der Welt, das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ platziert ihn im Ranking der Mächtigsten auf Rang 38, er gehört klar zu den Jüngsten dieser Liste. Mehr als 3,5 Millionen folgen ihm auf Twitter, sie alle wollen die Ersten sein, die erfahren, was den Pionier umtreibt. Denn: Wo Musk ist, da ist ganz, ganz vorn.

Für viele ist er ein Guru, ein Prophet, sie würden für ihn durchs Feuer gehen. Aber nicht jeder, der für ihn arbeiten will, steht es durch. Die ehemalige Personalchefin von SpaceX schrieb im Internetforum Quora: „Die Herausforderung ist: Er ist eine Maschine, und die meisten anderen Menschen sind das nicht. Wer für Elon arbeitet, muss Ungemütlichkeit akzeptieren. Aber“, versichert sie, „darin liegt auch die Chance zu wachsen wie nirgendwo anders. Und das ist jedes Milligramm Blut und Schweiß wert.“

Der Wirtschaftsjournalist Ashlee Vance hat eine viel beachtete Biografie über Musk geschrieben. Darin beschreibt er, wie er den Unternehmer mal an einem Samstag interviewte und beeindruckt erwähnte, wie voll der Firmenparkplatz sei. Doch Musk sah das ganz anders. Er habe gerade schon eine Rundmail schreiben wollen, weil so wenige im Büro seien: „Wir sind gottverdammt nachlässig geworden.“ Es finden sich viele solcher Geschichten in dem Bestseller „Wie Elon Musk die Welt verändert“.

Mit Kritikern geht der Visionär wenig souverän um. Vor Kurzem machte ein bekannter Venture Capitalist in einem Blogbeitrag öffentlich, dass seine Model-X-Bestellung storniert worden war, nachdem er sich über Musks Verspätung bei einer Präsentation beschwert hatte. Tesla, so die Botschaft, kann sich seine Kunden aussuchen. Längst sind die Wagen im Silicon Valley ein Statussymbol sondergleichen, wer sie fährt, demonstriert gleichzeitig Kaufkraft und grünes Innovationsdenken. Ab 2017 soll das Modell 3 die Masse locken, 35.000 US-Dollar soll das Auto kosten, für Tesla-Verhältnisse ein Schnäppchen. Als der 3er Ende März präsentiert wurde, gab es sensationelle 180 000 Vorbestellungen in nur 24 Stunden.

2008 wäre die Party für Elon Musk beinahe vorbei gewesen. Er selbst hat es als schlimmstes Jahr seines Lebens bezeichnet. Die ersten drei Raketenstarts von SpaceX waren spektakulär gescheitert, ein weiterer Fehlversuch hätte das wirtschaftliche Ende bedeutet. Auch Tesla stand kurz vor dem Bankrott. Hinzu kam die öffentlich ausgetragene Scheidung von seiner ersten Frau. Doch dann, im Herbst, der Triumph: Die Rakete startete. Wenig später unterzeichnete die NASA einen Milliardenvertrag mit SpaceX über Versorgungsflüge zur Internationalen Raumstation – der Durchbruch. Ab 2017, so der ehrgeizige Plan, soll das Start-up gar NASA-Astronauten ins All befördern. Vor einem halben Jahr, kurz vor Weihnachten, schrieb Musk endgültig Geschichte: SpaceX hatte es geschafft, eine Trägerrakete nach einem Flug ins All wieder heil auf der Erde landen zu lassen, eine Raumfahrt-Premiere.

Elon Musk selbst beschreibt seine Motivation mit dem schlichten Satz: „Ich versuche, Gutes zu tun.“ Als wären seine beiden Milliardenunternehmen dabei nicht schon Aufgabe genug, ist er nebenher noch Chairman der Firma SolarCity seiner Cousins. Die ist größter Solarstromanbieter der Vereinigten Staaten und betreibt Ladestationen für Elektroautos. Vater von fünf Söhnen ist Elon Musk außerdem. Aus erster Ehe hat er Drillinge und Zwillinge. Für sie und ein Dutzend anderer Kinder hat er – wie könnte es anders sein – eine eigene Schule in Los Angeles gegründet; was er an Alternativen vorgefunden hatte, passte ihm nicht. Die Schule heißt „Ad Astra“, also „zu den Sternen.“ Es gibt keine Noten und keine Alterstrennung, dafür jede Menge Anleitung zum Lösen von Problemen. Genaueres weiß niemand.

Erstaunlich kurvig ist Musks Privatleben: 2010 heiratete er in zweiter Ehe die britsche Schauspielerin Talulah Riley. 2012 folg­ten Scheidung und erneute Heirat, 2014 reichte Musk wieder die ­Scheidung ein, machte den Schritt aber ein halbes Jahr später rückgängig; Ende März 2016 war es dann Riley, die in Los Angeles die Scheidung beantragte.

IssueGG Magazine 03/16
City/CountrySilicon-Valley/ U.S.
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