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Und immer wieder Afrika… by Uta Abendroth | 3. Juni 2016 | Offices

Im Leben von Jochen Zeitz spielt Afrika seit mehr 
als zwei Jahrzehnten eine Hauptrolle: seine Natur, die Kunst und die Artenvielfalt des Kontinents. Der Ex-Puma-Chef gründete 2009 eine Umweltstiftung, die seinen Namen trägt und zum Ziel hat, weltweit die Ökosphäre zu bewahren. Sein jüngstes Projekt ist der Bau eines großen Museums für afrikanische Kunst in einem alten Getreidesilo am Hafen von Kapstadt.

Afrika verlangt einem viel ab“, sagt Jochen Zeitz. „Aber es ist auch ein Kontinent mit einer großen Faszination, mit dem Reiz des Abenteuers, des Interessanten und der Natur.“ Der ehemalige Top-Manager ist heute als Ökotourismus-Stifter tätig, sein nächstes großes Projekt ist das „Zeitz Museum of Contemporary Art Africa“ in Kapstadt, das 2017 eröffnet werden soll und afrikanische Gegenwartskunst aus seiner Sammlung zeigen wird. Warum ausgerechnet Afrika? „1989 habe ich meinen ersten Trip nach Kenia unternommen, und das Land hat mich nicht mehr losgelassen. Irgendwann habe ich beschlossen, dass ich nicht mehr nur ein Reisender in Afrika sein möchte.“ Nein, er wollte sich dort engagieren und ein Zuhause haben.

Über Kontakte von Formel-1-Manager Flavio Briatore lernte der Ex-Puma-Chef einen Ranchbesitzer kennen. Der hatte sein Land zehn Jahre brach liegen lassen, alles war verwahrlost, die Böden überweidet. Gekauft hat Zeitz die Ranch trotzdem: „Ich habe das Potenzial erkannt“, sagt er. „Ich habe Elefanten gesehen, als ich das erste Mal über das Gelände flog, habe den gigantischen Ausblick auf den Mount Kenya genossen, den Wasserfall im Osten der Ranch entdeckt. Das war ein Grundstück, auf dem ich etwas aufbauen konnte.“

13 Jahre ist es her, dass der gebürtige Mannheimer das Land gekauft hat. Und gut zehn Jahre hat es gedauert, bis Zeitz das Gelände touristisch entwickelt hatte. Der 52-Jährige handelt dabei stets gemäß seiner Philosophie: Luxus darf nie auf Kosten der Umwelt gehen. So hat es eben gedauert, in Kenia die Systeme und die Technik zu installieren, um Komfort mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Die acht Villen des „Segera Retreat“ liegen inmitten eines botanischen Gartens mit spektakulären Ausblicken auf die Savanne.

Für Zeitz war klar, dass hier alles mit Solarstrom betrieben werden muss, von den Geräten in der Küche über die Beleuchtung bis hin zum Fön. Dafür hat er Spezialisten aus Deutschland und Israel engagiert, die Technologie sei eine große Herausforderung gewesen. Auch Regenwasser wird in seinem Resort selbstverständlich aufgefangen und recycelt, so bewässern sie unter anderem den botanischen Garten. Allein bei den Autos bedienen sie sich noch herkömmlicher Technik, die Leistung von Elektrowagen reicht für die Anforderungen in der Laikipia-Region noch nicht aus.

Das „Segera Retreat“ konnte Zeitz 2013 eröffnen. Teil des Er­leb­nisses sind neben der Natur und den Tieren ein eigener Skulpturengarten und Kunstwerke der Zeitz Collection, die als eine der führenden Kunstsammlungen in und aus Afrika mit Schwerpunkt auf der afrikanischen Gegenwartskunst gilt. Der international renommierte Kurator Mark Coetzee aus Johannesburg betreut wechselnde Ausstellungen in Segera aus den Beständen der Zeitz Collection. Aber die Sammlung ist mittlerweile so umfangreich – allein im vergangenen Jahr kaufte Zeitz auf der Biennale in Venedig den kompletten angolanischen Pavillon mit den Fotografien von Edson Chagas sowie Werke aus dem südafrikanischen Pavillon –, dass die Idee zu einem neuen Projekt aufkam: Und so entsteht derzeit in Kapstadt das „Zeitz Museum of Contemporary Art Africa“. In dem Architekten Thomas Heatherwick fand Zeitz einen kongenialen Visionär. Manchen gilt der Brite als Leonardo da Vinci unserer Zeit, Grenzen zwischen Architektur und Design kennt er nicht, er überrascht mit originell-verrückten Entwürfen wie einer rollbaren Brücke am Grand Union Canal in London. Seinen internationalen Durchbruch verdankt er der „Samen Kathedrale“, dem britischen Pavillon auf der Shanghai Expo 2010. Für Zeitz’ Kunst nun baut der 46-Jährige ein fast 100-jähriges Getreidesilo um.

Das alte Silo steht an der V&A Waterfront, der Flaniermeile Kapstadts. In den Speichern mit den riesig hohen Betonröhren lagerte einst Getreide, das überwiegend nach England verschifft wurde. Industrieruinen in Museen zu verwandeln, ist spätestens seit der Bankside Power Station, die Herzog & de Meuron zur Tate Modern umbauten, sehr en vogue – und das ungeachtet aller baulichen Herausforderungen. In Kapstadt ist beispielsweise keine der Röhren breiter als fünfeinhalb Meter, die Tageslichtausbeute entsprechend  gering. Doch Heatherwick, Experte für verzwickte Lösungen, legte ein spektakuläres Konzept vor, das die Röhren erhält und gleichzeitig pragmatisch umnutzt.

Eine Ellipsenform soll aus den Säulen herausgeschnitten werden, um Raum zu schaffen. In halbierten Röhren sollen Glasaufzüge fahren oder Wendeltreppen die verschiedenen Etagen verbinden. Heatherwick erklärt: „Wir haben sehr mit der Struktur des Baus kämpfen müssen, die keinen einzigen großflächigen Raum bietet.“ Er verzichtete jedoch darauf, das Silo vollständig zu entkernen, wollte so viel wie möglich von der Röhrenstruktur erhalten. Von einigen Röhren bleiben jedoch lediglich die gewölbten Außenwände bestehen, um Platz für eher klassische Ausstellungsräume zu schaffen. Auf dem Gelände entsteht auch ein Hotel, ein Restaurant und auf der Dachterrasse ein Skulpturengarten. Die grandiose Aussicht über den Hafen von Kapstadt gibt’s obendrein.

Jochen Zeitz wird seine Sammlung zeitgenössischer afrikanischer Kunst, die er in bloß sechs Jahren zusammengetragen hat, permanent auf rund 6.000 Quadratmetern im Zeitz MOCAA ausstellen. ­Zusätzlich wird es Wechselausstellungen afrikanischer Künstler geben. Dem Philanthropen geht es da­rum, Afrikas Kunst für die Welt sichtbar zu machen und ein Museum zu schaffen, das großen Häusern wie dem New Yorker Guggenheim oder der Londoner Tate ebenbürtig ist.

Der stets rastlose Zeitz, der im Board des Pariser Luxusgüterkonzerns Kering – zu dem Puma, Gucci und Yves Saint Laurent gehören – und im Aufsichtsrat von Harley-Davidson das Thema Nachhaltigkeit verantwortet, setzt sich rund um die Uhr für Konzepte ein, die ökonomischen Erfolg mit ökologischem Handeln verbinden. Er sagt: „Ein Geschäftsmodell, egal ob Tourismusunternehmen oder Indus­triekonzern, kann nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn die natürlichen Ressourcen bedacht und in den Wirtschaftsprozess inte­griert werden.“ Dafür brauche man einen langen Atem, einen Horizont von vielleicht sogar 20 oder 30 Jahren. „Gemäß meiner Philosophie müssen dabei Ökonomie, Ökologie, Kultur und der Schutz von Communitys Hand in Hand gehen. Was ich wirklich möchte, ist, andere mit meinen Projekten zu inspirieren.“

IssueGG Magazine 03/16
City/CountryCape Town/ South Africa
PhotographyPress Pictures Zeitz MOCAA
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