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Mrs Insta-Bing-o! by Michaela Cordes | 2. September 2016 | Personalities

Sie ist bildschön, Mutter von zwei kleinen Kindern und das neue Wunderkind der Fashionszene. Während traditionelle Designer noch darüber diskutieren, wie man die Modewelt revolutionieren könnte, macht es die unprätentiöse Dänin mit ihrem frischen Fashionlabel vor. Mit Instagram, Instant Collections und acht Flagshipstores in nur vier Jahren. GG traf Anine Bing in Los Angeles.

Was ist ihr Erfolgsgeheimnis? „Ein tolles Produkt, gutes Timing und Social Media als einziges Marketingtool.“ Anine Bing

Es ist kurz nach acht Uhr morgens in Midtown Los Angeles und mit dem Erscheinen von Anine Bing kommt auch die Sonne hinter den Wolken hervor. Wir haben uns in ihrem Geschäft an der 3rd Street verabredet. „Ich habe noch schnell meine Kinder in der Vorschule abgesetzt“, sagt sie und lässt sich in einen Stuhl fallen; ihre langjährige Freundin und Visagistin Sara beginnt gleich, sie für unseren Fotoshoot zu stylen. Anine Bing – das Modelabel steht für coole Jeans, Lederjacken, Boots und feinen Goldschmuck. Erst 2012 gegründet, wächst das junge Unternehmen in atemberaubendem Tempo. Acht Flagshipstores in nur vier Jahren in Los Angeles, New York, Paris, Madrid und Antwerpen – London, Barcelona und Brüssel sind noch für dieses Jahr geplant. Sie ist so etwas wie die skandinavische Version von Isabel Marant, nur zu bezahlbareren Preisen. Aber ihre Kollektionen sind nicht auf dem Laufsteg, sondern via Instagram berühmt geworden, wo Anine Bing nicht nur Fotos neuer Designideen, sondern auch Schnappschüsse aus ihrem Privatleben mit 352.000 Followern teilt.

Eine Stunde später sitzen wir bei ihr zu Hause am Esstisch, wenige Autominuten von ihrem Laden entfernt. Anine erzählt von ihrer Kindheit in Dänemark. Sie wuchs außerhalb von Kopenhagen auf, die Mutter Kindergärtnerin, der Vater angestellt bei einem Pharmakonzern. Mit zehn Jahren zog sie mit ihren Eltern und den vier Geschwistern nach Järna, in die Nähe von Stockholm, weil ihr Vater einen Job in Schweden annahm. Als Teenager auf der Waldorfschule schneiderte sie sich eigene Klamotten. „Für Schlaghosen fehlte das Geld, also nähte ich eine aus zwei alten Jeans zusammen.“ Mit 15 wird sie als Model entdeckt. „In den Sommerferien habe ich damals oft in Mailand gearbeitet und konnte mir mit 18 meine erste Wohnung in Stockholm kaufen.“ Früh merkte sie, ihr persönlicher Stil kommt an und wird bewundert. „In der Zeit habe ich viel von Designern, Stylisten und Fotografen gelernt. Einfach vom genauen Zugucken.“

„Ich liebe Länder wie Bali oder Brasilien, wo meine Großmutter geboren wurde. Wenn ich meine Kollektionen entwerfe, achte ich stets darauf, dass die neuen Teile zu den vergangenen passen.“ Anine Bing

Mit Anfang 20 geht sie zum ersten Mal nach Los Angeles und verliebt sich in den Spirit der Stadt: „Die Freiheit, die Kreativität, das gute Wetter!“ Mode und Musik gehören früh zu ihren großen Leidenschaften. In den USA gründet die lebenslustige Skandinavierin die Band „Kill Your Darlings“, nimmt ein Album auf und startet ihren Modeblog „Anine’s World“. Nie, erzählt sie, hätte sie damals gedacht, dass sie einmal ihr eigenes Label haben würde. Allerdings spürt sie schon da, dass Dinge, die sie mag, auch anderen gefallen und sich noch besser verkaufen, wenn sie auf ihrem Blog stattfinden. Auf einer Ferienreise nach Istanbul trifft sie schließlich ihre große Liebe: Nicolai, ihren heutigen Ehemann und Vater von Tochter Bianca (5) und Sohn Benjamin (3). Wie sie in Dänemark geboren und nun CEO von Anine Bing. Gemeinsam ziehen sie nach der Geburt der Tochter ganz nach L. A. und gründen das Label Anine Bing. „Wir sind aus einer Garage heraus gestartet, haben so hart geschuftet“, sagt sie. „Vom Einpacken bis zum Verschicken, jeden kleinsten Schritt habe ich selbst gemacht. Mein Mann, der aus der Modewelt kommt und viel Erfahrung auf der Produktionsseite gesammelt hatte, riet mir dazu, damit ich die Firma von Grund auf verstehe. Also saß ich da, hochschwanger mit meinem zweiten Baby, Bianca neben mir im Kinderwagen. Eine verrückte, aber verdammt wichtige Zeit!“ Die erste Kollektion kommt schon sechs Monate später heraus und besteht nur aus ein paar Teilen. „Simpel, weil es meine Überzeugung ist: weniger ist mehr.“ Die perfekte Jeans, eine Lederjacke, ein T-Shirt. Nur mithilfe von Social Media – ihres Blogs und ihrer Instagram-Fans – launcht Anine Bing ihre erste Kollektion und merkt schnell, ihr Instinkt war richtig: Einkäufer von Shops in ihrer Nachbarschaft sprechen sie fast täglich an und wollen Teile bestellen.

„Ich liebe es, Mutter zu sein, und hätte gern noch mehr Kinder!“ Anine Bing

Hollywood-Celebritys lassen nicht lange auf sich warten. Schauspielerinnen wie Jennifer Lawrence, Jessica Alba oder Kate Bosworth werden in ihren Outfits gesichtet, genauso wie die Models Gigi Hadid und Kendall Jenner (die zum diesjährigen ­Coachella Festival in einem schwarzen Spitzen-BH von Bing erschien, kurz darauf war er weltweit ausverkauft). Der rasante Erfolg ihrer Marke wird in der kompetitiven Fashionindustrie sehr genau wahrgenommen. Vor allem, weil Anine Bing konsequent auf Fashionshows und Saisons verzichtet. „Ich muss mich nicht darum kümmern, dass ein Kleidungsstück auf dem Catwalk gut aussieht, sondern konzentriere mich darauf, dass es im wirklichen Leben sitzt. Ich möchte Frauen den Alltag erleichtern, damit sie schnell und unkompliziert gut angezogen sind.“ Das Konzept: eine Hauptkollektion – ihre Bestseller – plus eine ständig wechselnde Kollektion, die Anine Bing über sechs Monate hinweg Stück für Stück herausgibt. „Jede Woche vier bis sechs neue Teile – damit es nicht langweilig wird.“ Ein krasser Gegensatz zum schwerfälligen System traditioneller Modemarken, die zunächst aufwendige und teure Fashionschauen veranstalten und erst sechs Monate später verkaufen. „Durch meinen Blog habe ich gelernt: Kunden sehnen sich nach Instant Gratification – sofortiger Sättigung ihres Verlangens. Niemand will mehr warten und erst dann kaufen, wenn man das ersehnte Teil schon in sämtlichen Modeblättern gesehen hat. Die Schnelligkeit entspricht auch meiner eigenen Persönlichkeit.“ Während Marken wie Burberry gerade anfangen, auf Direct-to-Consumer Fashionshows umzusatteln, macht Anine Bing es schon jetzt allen vor. Die US-Ausgabe von „Harpers Bazaar“ hat sie gerade als „die Frau, die jedem Trend in der Fashionindustrie zuvorkommt“ betitelt. Auf die Frage, ob sie zurzeit oft um Rat gebeten werde, antwortet sie lächelnd: „Ja, das passiert, bleibt jedoch unser Geheimnis. Aber natürlich können wir als junges Label schneller reagieren als große etablierte Firmen. Und wir haben dazu sehr viel Glück gehabt – eine Kombination aus gutem Timing und harter Arbeit.“

Egal ob bei ihr zu Hause oder in ihren Läden: überall der gleiche entspannte ­Scandi Style, aufgeräumt und minimalistisch. Ein paar dänische Möbelklassiker, dazu der Sound von Indy-Bands wie The Cranberries oder The Cardigans und an den Wänden Schwarz-Weiß-Fotografien von Bri­gitte Bardot. Gut sortiert und wirklich sehr übersichtlich klein ist auch Anine Bings persönlicher Kleiderschrank. Um gut angezogen zu sein, braucht eine Frau nicht viel, glaubt sie: „Maximal zehn gut sitzende Jeans und Lederhosen, zehn Tops, eine Lederjacke, ein Paar Ballerinas, coole Boots und ein gutes Paar Heels. Wenig, aber in guter Qualität!“ Wie geht es jetzt weiter mit Anine Bing? „Ich möchte sehr gern bald in Berlin ein Geschäft aufmachen, einfach, weil mir die Stadt so gut gefällt. Und ich will nach Asien expandieren.“ Mehr möchte sie noch nicht verraten, nur so viel:  „Wir haben noch viel vor. Wir sehen uns nicht nur als Mode-, sondern als Lifestyle-Marke.“

IssueGG Magazine 04/16
City/CountryLos Angeles/ U.S.
PhotographyMark Seelen
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