Sturm & Fun by Michaela Cordes | 8. März 2019 | Personalities
Manche Karrierefrauen wirken so leicht und fröhlich, als wäre ihnen der Erfolg einfach passiert. Dabei haben sie sich den hart erkämpft. Der kometenhafte Aufstieg der
Dr. Barbara Sturm, der noch zu DDR-Zeiten in Thüringen begann, in den 90ern in Düsseldorf in der Sportmedizin Anlauf nahm und die heutige Kosmetik-Unternehmerin ins Herz von Hollywood katapultierte. Kim Kardashian, Victoria Beckham und Gwyneth Paltrow lassen heute nur ein Produkt auf ihre kostbare Haut – die Luxus-cremes von Dr. Barbara Sturm. Eine Begegnung mit einer modernen Super-Woman.
Das „Sunset Tower“-Restaurant. Im schummrigen Licht diniert hier tout Hollywood. Es ist der Abend vor meinem Interview mit der Frau, die gerade weltweit mit ihrem „Sturm Glow“ Furore macht. Am Nebentisch sitzt Kathy Hilton mit ihrem Mann Rick – aus der US-Hotel-Dynastie, die Eltern von Paris und Nicky, mit einer eleganten Freundin aus Mexiko. Als ich aufstehe, um zu gehen, spricht mich Kathy Hilton an, ob wir uns nicht kennen würden. Wir kommen ins Gespräch. „Sie kommen aus Deutschland? Dann kennen Sie doch sicher meine liebe Freundin Barbara!“
Hier in L.A. nennt man so eine verrückte und fast unglaubliche Begegnung eine Hollywood-Minute. Was mir aber deutlich macht: Dr. Barbara Sturm – an dem Namen und den eleganten, weißen Kosmetiktiegeln kommt man wirklich nicht mehr vorbei. Ganz Hollywood – und mittlerweile auch Deutschland – ist verrückt nach den luxuriösen Hautpflegeprodukten der ungewöhnlichen Ärztin aus Düsseldorf. Mit ihren Marketingaktivitäten und vor allem über Social Media ist sie selbst zu einer bekannten Persönlichkeit geworden, ihrer Firma hat das im vergangenen Jahr zu einem Wachstum von 400 Prozent verholfen. Vor allem auf Instagram gibt es derzeit einen Hype auf ihre „Made in Germany“-Kosmetikprodukte: Victoria Beckham zeigte sich dort gerade bei ihrer morgendlichen „Sturm“-Routine. Gwyneth Paltrow, Ellen Pompeo und die Supermodels Gigi und Bella Hadid beschreiben auf ihren Plattformen die verblüffende Wirkung mit Hashtag „Sturmglow“. Sie alle sind auch bekennende Fans der so lässig und unkompliziert wirkenden Unternehmerin, deren Produkte besonders junge Frauen begeistern.
Der nächste Morgen. Frühstück im Hotel „Bel-Air“. Dr. Sturm ist auf der Durchreise. Gestern ist die deutsche Schönheitsärztin und gelernte Sportmedizinerin aus New York gelandet. Morgen geht es weiter nach London, dann Moskau. Statt weißem Arztkittel trägt sie roten Kuschelrolli und Jogginghose von Isabel Marant. In ihrem Gesicht keine Spur von Make-up. Sie bestellt ihr übliches Frühstück: Müsli mit Joghurt. Plötzlich stehen zwei junge Mädchen an unserem Tisch, bitten schüchtern um ein Foto. „Na klar!“, sagt sie in akzentfreiem Englisch, steht auf und streicht sich noch einmal durch die hellblonden, kurzen Haare, bevor sie für das Dreier-Selfie in die Handy-Kamera strahlt.
Frau Dr. Sturm – hier in L.A. sind Sie selbst ein Star. Ihr revolutionäres Vampire Facial machte schon vor acht Jahren Schlagzeilen, als Kim Kardashian sich mit Ihrer Erfindung – der kosmetischen Eigenblut-Behandlung – verschönern ließ. Seitdem Sie eine eigene Kosmetiklinie auf den Markt gebracht haben, liegt Ihnen ganz Hollywood zu Füßen. Haben Sie mal darüber nachgedacht, ganz nach L.A. zu ziehen? Dr. Barbara Sturm: L.A. ist mein zweites Zuhause, seit 2003 komme ich mindestens viermal im Jahr hierher und habe auch mit dem Gedanken gespielt, ganz umzusiedeln. Ich wollte nur nicht, dass meine Kinder hier großwerden. In Deutschland werden schon andere Werte vermittelt und mehr Bodenständigkeit – mir war es damals wichtig, dass meine ältere Tochter Charly erst mal ihre Wurzeln schlägt und dann in die Welt hinausgeht mit einem guten Fundament. Außerdem ist meine Klinik in Düsseldorf, meine Eltern, meine Brüder. Familie ist mir sehr wichtig. Meine kleine Tochter Pepper (4, aus der Ehe mit ihrem zweiten Mann Adam Waldman, einem Anwalt aus Washington – Anm. d. Red.) ist gerade nur nicht hier, weil sie ihren Kindergarten so liebt und ich sie nicht aus ihrer Umgebung rausreißen möchte. Genauso war das damals bei Charly, die war immer auch das Kind meiner Eltern. Das wollte ich ihr nicht nehmen.
Wie sind Sie selbst großgeworden? Die ersten zwölf Jahre meines Lebens bin ich in der ehemaligen DDR aufgewachsen. In einem Dorf in Bad Liebenstein in Thüringen. Mein Vater ist Architekt, meine Mutter arbeitete als Laborärztin. Ich habe einen jüngeren und einen älteren Bruder. Das Zusammengehörigkeitsgefühl zu Hause war immer ganz stark. Meine Kindheit hat sehr viel draußen in der Natur stattgefunden. Ich habe Pilze gesammelt, bin auf Bäume geklettert, habe mit Jungen gespielt und viel Tennis und Fußball.
Ihre Mutter war damals als Laborärztin tätig. Ein Vorbild? Ja, logisch! Meine Mutter hat drei Kinder ohne jede Hilfe großgezogen, meine beiden Eltern haben Vollzeit gearbeitet. Da wird man als Kind ganz automatisch unabhängiger. Meine Eltern waren eh sehr rebellisch. Wir waren der DDR-Politik mit unserer Haltung ein Dorn im Auge. Zu Hause wurde mir gesagt: Alles, was hier besprochen wird, darfst du nicht in der Schule sagen. Aber das war mir egal. Meine Zeugnisse waren bezeichnend: Ich hatte immer überall die besten Noten bis auf Betragen und Benehmen – da hatte ich höchstens eine 3 oder 4. Ich war auch so ein Klassenclown, habe mir nichts gefallen lassen. Als meine Oma gestorben ist und wir nicht zu ihrer Beerdigung in den Westen ausreisen durften, sagte mein Vater: Jetzt reicht es! Kurz darauf stellten meine Eltern einen Ausreiseantrag. Mein Vater sagte uns Kindern: Wir müssen weg. Ihr könnt hier eh nicht studieren. Ein Jahr später wurde uns erlaubt, die DDR zu verlassen. Das war nicht leicht – wir mussten ja alles zurücklassen.
Wie haben Sie damals reagiert? Als meine Eltern uns erklärten, dass wir in den Westen ziehen, war meine erste Reaktion: Oh, wie spannend, dann sehe ich endlich mal, was auf der anderen Seite ist! Wir hatten zuvor oft Besuch aus dem Westen gehabt, und den haben wir beim Abschied immer zur Grenze begleitet. Für mich war das als Kind nicht verständlich, dass wir nicht weiterfahren durften. Wir sind dann nach Moers bei Düsseldorf gezogen, in die Nähe der Familie meines Vaters, wo er dann auch gearbeitet hat. Dort sind wir aufgewachsen. Nach der Schule fing ich an, Medizin und Sport zu studieren. Ich wusste schon mit vier Jahren, dass ich Ärztin werden wollte. Zwischendurch bekam ich meine erste Tochter Charly. Trotzdem habe ich kein Semester ausgelassen, sondern das voll durchgezogen.
Sie waren noch Studentin und erst 23, als Ihr erstes Kind auf die Welt kam. Ja – mit 23 war ich verheiratet und mit 27 geschieden (lacht). Meinen ersten Mann habe ich in Düsseldorf kennengelernt, als ich 19 war. Er war zehn Jahre älter, in der Textilbranche tätig und hat mir die Welt gezeigt. Zumindest das, was man als 19-Jährige spannend findet. Das zweite Staatsexamen für Medizin ist sehr schwer, und ich musste mich gut darauf vorbereiten. Ich habe meine Tochter morgens in den Kindergarten gebracht und bin dann zum Lernen in die Bibliothek. Erst wollte ich mir ein Semester Auszeit nehmen, um zu lernen, aber dann dachte ich mir: Ach was, ich mach das jetzt einfach. Und obwohl ich abends auch manchmal ausgegangen bin und mich nicht wie alle anderen zum ständigen Lernen verdonnert habe, schnitt ich sehr gut ab. Durch mein fotografisches Gedächtnis kann ich mir Tabellen gut merken. Mein Mann sagte damals nur zu mir: Na ja, so schwer kann Medizin dann ja nicht sein. Da habe ich gemerkt, der nimmt mich nicht ernst. Ich wurde damit immer unglücklicher und schlug ihm vor, dass wir für eine Weile getrennte Wege gehen. Ich bin dann zur Uni, habe mir ein studentisches Darlehen geholt, bin ausgezogen und ließ alles zurück – nur mein Kind habe ich mitgenommen. Ich wollte mich nicht materiell unter Druck setzen lassen. Ich dachte mir damals – und das hat mir Hoffnung gegeben –, ich habe Medizin studiert, ich werde doch sicher irgendwann
so viel Geld verdienen, dass ich mein Kind selbst ernähren und großziehen kann! Charly war damals erst drei Jahre alt. Das war hart. Ohne meine Eltern hätte ich das niemals geschafft.
Eigentlich wollten Sie sich auf Kinderheilkunde spezialisieren. Wie landeten Sie stattdessen in der Sportmedizin? Ich hatte nebenbei Sport studiert und einen Aushang in der Orthopädie gesehen: Man suchte jemanden, der eine Doktorarbeit über professionelle Skirennläufer schreibt. Ich fahre sehr gern Ski und hatte eine Zeit lang mal überlegt, selbst Skiprofi zu werden, das passte. Als es dann hieß, die Arbeit sei schon vergeben, habe ich so lange insistiert, bis ich das Thema bekam. Dann bin ich mit den Profiskiläufern nach Sölden gereist und habe mit denen trainiert. So bin ich in der Orthopädie gelandet. Ich fand das cool, auch weil ich damals gern mit Männern gearbeitet habe. Mit 27 fing ich dann in einer Praxis in Düsseldorf an und bin erstmals intensiv mit der Forschung in Berührung gekommen. Ich habe mit einem Team gearbeitet, das aus deutschen Orthopäden und Professoren aus Pittsburgh und Harvard bestand, und habe geholfen eine Therapie zu entwickeln, bei der man Blut abnimmt, daraus antientzündliche Stoffe gewinnt und diese dann wieder in die Gelenke zurück injiziert. Das war revolutionär damals. Ich habe Studien mitentwickelt, Kongresse besucht und dadurch einen sehr wissenschaftlichen Anspruch entwickelt.
2001 sprach mich dann ein Freund an, der Zahnarzt ist, ob ich Lust hätte, nach Stuttgart zu fahren, da würde eine Firma zeigen, wie man Lippen aufspritzt. Das kam damals aus den USA. Ich war fasziniert. In Kanada und Brasilien habe ich mir dann die besten Techniken von den großen Gurus beibringen lassen und daraus eigene Behandlungsmethoden entwickelt. Zum Glück war ich sehr kreativ begabt. Das musst du sein, wenn du so etwas beruflich machen willst. Irgendwann hatte ich dann die Idee, die Methode
aus der Orthopädie auf die Haut zu übertragen. Das war etwa 2002 und der Start meiner Beauty-Karriere. Heute nennt man diese Behandlung Vampire oder Blood Facial.
Wie funktioniert die Methode genau? Man nimmt Blut ab, mit einer Spritze mit kleinen Glaskugeln, die uneben sind. Die Zellen im Blut docken sich an diese Unebenheiten an und „denken“, es sei verletztes Gewebe. Sie fangen an, Heilstoffe und Proteine zu produzieren, die wir dann in einer hohen Konzentration sammeln. Das Ergebnis ist sozusagen ein Heil-Cocktail, der antientzündlich wirkt und Schwellungen reduziert.
Und das funktioniert bei jedem Menschen anders? Jeder Mensch hat ein anderes Zellengewebe. Mir war es von Anfang an wichtig, individuell zugeschnittene Pflegeprodukte und Behandlungen zu entwickeln. Ich hatte damals selbst große Probleme mit meiner Haut: Sie war sehr trocken und ich hatte ständig Mitesser. Alle drei Wochen war ich bei der Kosmetikerin zum Ausreinigen. Eines Tages dachte ich: Es reicht! Weil es nichts gab, was mir geholfen hat, habe ich dann meine eigene Creme entwickelt. Meine Großmutter war gelernte Apothekerin und wusste, wie man das macht. Sie hat mich beraten, was in eine gute Creme hineingehört. Ich habe dann mit meinem Apotheker meine „MC1“-Creme entwickelt – ohne Konservierungsstoffe, Mineralöle oder Duftstoffe – und habe meine körpereigenen Proteine aus dem Blut hinzugefügt. Die verwende ich übrigens heute noch.
Was kostet so eine „MC1“-Blutcreme? In Deutschland kostet der ganze Prozess mit Blutabnahme und Creme rund 650 Euro. Für jede weitere Creme, die man bestellt, sind es dann nur noch rund 250 Euro. Außerhalb Deutschlands, zum Beispiel in Großbritannien, kostet die Creme rund 1.000 Pfund.
„Ich hatte ja selbst große Probleme mit meiner Haut, und auf dem Markt gab es nichts, was mir geholfen hat. Deswegen habe ich meine eigene Creme entwickelt.“
BARBARA STURM
Die Entwicklung der kosmetischen Eigenbluttherapie war sozusagen der Urknall Ihrer Karriere – wie sind Sie darauf gekommen, die orthopädische Eigenbluttherapie oder PRP-Methode auf die Haut anzuwenden? Jugend forscht! (lacht) Ich glaube, man traut sich dann ungewöhnliche Ideen zu verfolgen, wenn man mit renommierten Wissenschaftlern zusammenarbeitet. Dazu bin ich ein Mensch, der immer alles anders gemacht hat als der Mainstream. Ich habe mir damals schon überlegt: immer nur Hyaluronsäure unterspritzen, das baut sich ja schnell wieder ab und man muss immer wieder nachspritzen. Mir wurde immer deutlicher bewusst, dass ich effektiv an den Zellen arbeiten muss; auf molekularer Ebene. Deswegen heißt meine Firma ja auch Molecular Cosmetics. Man muss die Zellen stimulieren und die Entzündungen rausnehmen.
Wie haben Sie gemerkt, dass diese Methode funktioniert? Es gab damals einen Arzt hier in Los Angeles, der hat alle großen Schauspieler behandelt. Er hatte von unserer Methode gehört und seine Patienten immer mal wieder zu uns nach Deutschland geschickt. Auf einmal saß mir Sylvester Stallone gegenüber. Mit John Cusack bin ich bis heute befreundet. Mit Danny Glover ebenso. Bei meinem zweiten Besuch in L.A. lernte ich dann Dennis Colonello kennen, den Chiropraktiker, der alle Hollywoodstars behandelt. Der wurde über die Jahre zu einem richtig engen Freund.
Muss man in dem Geschäft auch Glück haben, um die richtigen Menschen zur richtigen Zeit kennenzulernen? Natürlich hilft das. In dem Metier musst du gut mit Leuten können. Ich war schon immer eine echte People Person. Ich bin sehr kommunikativ, das hilft natürlich. Und in L.A. fiel mir das leicht. Ich kenne mittlerweile das alte und das neue Hollywood. Viele von dort sind damals zu uns in die Praxis nach Deutschland geflogen, und ich habe dann anschließend unsere Creme rübergeschickt. Ich habe die Methode damals allerdings nur für meine Patienten angewendet und nie kommerzialisiert.
„In diesem Metier musst du gut mit Menschen können. Ich bin sehr kommunikativ – das hilft natürlich!“
BARBARA STURM
Heute beherrschen Sie mit Ihrer Brand den Luxuskosmetikmarkt (derzeit gibt es 45 verschiedene Produkte, unter anderem auch eine Pflegelinie für Kinder, Anm. der Red.). Wie kamen Sie darauf, Ihre eigene Kosmetiklinie zu starten? Als ich noch ausschließlich die „MC1“-Creme in meinem Programm hatte, fragten mich meine Patienten immer häufiger: Was empfehlen Sie denn außerdem? Welchen Cleanser oder welche Maske? Da habe ich gleich geschaltet und mir gedacht: Ich kann die doch jetzt nicht zur nächsten Drogerie schicken! Ich wusste ja aus eigener Erfahrung, dass es nichts auf dem Markt gab, was mir geholfen hatte. Da war ziemlich schnell klar, das mache ich selbst. So habe ich angefangen, meine eigene Line zu entwickeln. Ich wollte von Anfang an immer nur das Beste für meine Patienten, und es war mir sehr wichtig, wissenschaftlich erwiesene hochwertige Inhaltsstoffe zu benutzen, die wirklich funktionieren. Ich habe viele Jahre damit verbracht, Inhaltsstoffe zu studieren. Irgendwann musste ich entscheiden, welche am besten zu meiner Philosophie passen: die Zellen am Leben zu halten, Entzündungen aus der Haut zu nehmen und die Haut zu durchfeuchten und zu schützen.
Wie haben Sie es geschafft, sich in der Männerdomäne der Hautärzte durchzusetzen? Ich fand es damals cool, mit Männern zu arbeiten. Solange „frau“ eine kleine Assistenzärztin ist, ist alles easy mit Männern. Aber wehe, man entwickelt ein eigenes Profil – dann kratzt es sehr stark an deren Ego und dann ist es kein Spaß mehr. Als Nick Nolte zu uns in die Praxis nach Düsseldorf kam, sagte ich ihm, dass ich mit meiner Tochter für zwei Wochen nach Sylt fahren würde, und fragte ihn, ob er danach wiederkommen könnte. Aber er kam einfach mit! Der Besitzer des Restaurants „Sansibar“ sah uns und organisierte ein Interview mit der größten deutschen Sonntagszeitung. Wenige Tage später standen die Telefone in unserer Praxis nicht mehr still. Damals arbeiteten fünf bis sechs Männer in der Praxis – und ich. Die ganzen Ärzte machten ziemlich lange Gesichter, als die neuen Patienten anriefen und ausdrücklich von mir behandelt werden wollten (lacht).
Eines Tages stand auch der Schauspieler George Hamilton bei Ihnen in der Praxis. Aus dem Arztbesuch wurde einen Liebesbeziehung, die sieben Jahre lang hielt … George war so lustig. Ich hatte nicht geplant, mich in ihn zu verlieben. Er kam in die Praxis zur Behandlung und wir haben uns angefreundet. Einige Wochen später fragte er mich, ob ich mit zu einem Kongress nach Las Vegas kommen möchte – so hat es angefangen. Durch ihn lernte ich Cher kennen, die mir später meinen heutigen Mann Adam vorgestellt hat – der erste Mann, der genauso alt ist wie ich (lacht)! Vor fünf Jahren haben wir dann in Chers Garten geheiratet. Ich war noch nie so glücklich wie mit ihm.
Wie gingen Ihre männlichen Kollegen damals mit Ihrem zunehmenden Erfolg um? Die haben mich nicht gut behandelt. Deswegen habe ich dann meine eigene Praxis aufgebaut, im selben Haus, auf der Kö, mit fünf Kabinen. Mein Vater hat mir damals mit dem Ausbau geholfen. 2006 habe ich die Praxis eröffnet, mit meiner ältesten Mitarbeiterin Uli – sie ist bis heute meine engste Vertraute. Ich erinnere mich noch, dass es in der ersten Zeit Tage gab, an denen wir nicht einen einzigen Patienten hatten!
Dennoch reisten Sie weiterhin von Düsseldorf nach L.A., um Ihre Patienten in den USA zu besuchen. Das klingt nach einem anstrengenden Spagat – wie sind Sie diesen Herausforderungen begegnet? Ich bin damals schon viermal im Jahr nach L.A. geflogen und habe jede Reise selbst bezahlt. Das ist ja in Deutschland auch oft der Witz, dass man dann zu hören bekommt: „Ach, die hat so einen reichen Freund. Der bezahlt ihr alles.“ Dabei habe ich immer alles selbst finanziert! Auf der anderen Seite fand ich es ganz cool, dass die Leute mich so unterschätzt haben. Ich dachte immer: Lass sie das ruhig glauben, dann fühlen sie sich nicht bedroht. Stellen Sie sich mal vor, die hätten damals schon gespürt, dass da eine Ärztin ist, die ganz allein und erfolgreich die ganze Kosmetikindustrie aufwirbelt!
„Rückblickend ist es eigentlich ganz cool, dass man mich anfangs so unterschätzt hat.“
BARBARA STURM
Was würden Sie anderen Frauen raten, die heute am Start sind? Mir hat immer mein purer, naiver Optimismus geholfen. Diese Naivität hat mich vor allzu vielen Zweifeln bewahrt, und durch meine Offenheit hatte ich viel mehr Möglichkeiten und Chancen, erfolgreich zu sein. Es war oft ein steiniger Weg, aber ich bin hart im Nehmen. Die Leute fragen mich immer: Mein Gott, wie machst du das? Ich habe ja nicht nur die Skincare-Linie. Ich betreue auch noch meine Patienten. Ich habe keinen CEO, ich mache das Business und das Marketing selbst, suche nach neuen Mitarbeitern und schaue nach neuen Märkten, wie zum Beispiel Asien, für das wir gerade eine Brightening-Linie entwickelt haben. Aber ich liebe die vielen Facetten und die Abwechslung in meinem Leben und Beruf. Ich will nicht nur am Behandlungsstuhl stehen – das habe ich lange Zeit gemacht und mache es immer noch für meine Bestandspatienten und Freunde. Ich wollte immer die besten Produkte und Technologien entwickeln und damit so vielen Menschen wie möglich zu schöner, gesunder Haut verhelfen.
Ihr großer Durchbruch gelang Ihnen 2013, als sie dem Fashion-Onlineportal Net-A-Porter Ihre Kosmetiklinie vorstellten und ins Produktportfolio aufgenommen wurden. Innerhalb kürzester Zeit entwickelten sich Ihre Produkte dort zum Bestseller im Beauty-Bereich.
Laut Laetitia von Hessen, der Co-Gründerin des auf ausländische Luxusprodukte spezialisierten Kosmetikversands „NicheBeauty“, waren Sie die erste Marke aus Deutschland, die in deren Programm aufgenommen wurde. Sie sagt, der Erfolg Ihrer Brand gilt als Auslöser für den gerade boomenden „G-Beauty“-Trend – den derzeitigen Hype auf Beauty-Brands aus Deutschland. Dennoch müssen Sie auch immer wieder Kritik einstecken – wie gehen Sie damit um? Ich habe einfach eine sehr gute Skincare-Linie entwickelt. Aber Skincare ist nicht die Königsdisziplin! Und „G-Beauty“ ist in meinen Augen ein Marketingkonzept, das von Marketingmenschen erstellt wurde. Mein Interesse beginnt und endet mit der Wissenschaft, den Inhaltsstoffen und der Entwicklung großartiger Produkte und Hautergebnisse. Wettbewerber sind oft Kritiker – sie sollten sich mehr auf ihre eigenen Produkte konzentrieren und weniger auf das, was andere tun.
Derzeit bauen Sie in Downtown New York an der Bond Street den ersten Dr. Barbara Sturm Shop. Mit drei Behandlungskabinen, in denen Sie vor allem Kosmetikbehandlungen anbieten wollen. Wo sehen Sie sich in zehn Jahren? Ich lebe in der Gegenwart und mache keine Zehn-Jahres-Pläne. (lacht) Aber nach New York ist Los Angeles als nächster Standort für einen eigenen Shop geplant. Mein Bruder wird mir bei der Umsetzung helfen – er ist ein wunderbarer Architekt, genau wie mein Vater.
Interessant ist, dass Sie heute vor allem die jungen Frauen mit Ihren Produkten begeistern. Die Hauptzielgruppe (laut NicheBeauty), die gern Ihre Produkte kauft, ist zwischen 25 und 35 Jahre jung. Auf der Social-Media-Plattform Instagram folgen Ihrem Geschäftsaccount 141.000 Follower, ihrem privaten Profil 21.600. Was denken Sie ist Ihr Geheimnis, dass sie gerade bei der jungen Zielgruppe so gut ankommen? Immer mehr junge Frauen investieren heute in gute und auch sehr teure Beautyprodukte. Das haben wir in den letzten Jahren gelernt. Sie wollen rechtzeitig das Beste für ihre Haut tun. Und unsere Philosophie – love your skin and stop the aggression – passt zu dem sehr kritischen jungen Publikum. Überraschend viele junge Frauen kommen direkt auf mich zu oder sprechen mich auf der Straße an. Emma Roberts zum Beispiel hat mich in einer persönlichen Nachricht auf Instagram angeschrieben. Jaime King ist auch so ein prominentes Beispiel. Ich bin mittlerweile mit vielen meiner Kundinnen befreundet und wir stehen ständig in persönlichem Kontakt. Das ist natürlich eine Herausforderung: Trotz vollem Terminkalender in Kontakt zu bleiben und niemanden zu vergessen. Aber ich mache ja alles eher etwas unkonventionell und verlasse mich gern auf meine Intuition.
Zum Schluss noch eine letzte Frage. Wenn man sich ein Produkt aus Ihrer recht kostspieligen Linie leisten möchte, welches würden Sie empfehlen? Wenn du dir nur ein Produkt kaufen kannst, kauf die Face Cream! Dann im nächsten Schritt den Cleanser, der macht wahnsinnig feinporige Haut, dann das Hyaluronic-Serum und die Glow Drops als Finish. Aber wir arbeiten ständig weiter an unserem Portfolio. Allein in 2019 werden wir 16 neue Produkte launchen.