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Out of the Box by Michaela Cordes | 6. September 2019 | Personalities

Er ist der Rockstar unter den Zuckerbäckern und Herr über die süßeste und eleganteste Sünde Frankreichs. David Holder war erst 25 Jahre alt, als er beschloss, mit dem Ladurée-Macaron die Welt zu erobern. Heute betreibt der gelernte Patissier 85 Boutiquen und Cafés in über 30 Ländern, beschäftigt 1.400 Mitarbeiter und hat das traditionelle Familienunternehmen zu einer begehrten Luxusmarke gemacht.

Es ist 9 Uhr morgens auf den Champs Élysées, und im größten Ladurée-Café in Paris herrscht schon jetzt reges Treiben auf zwei Stockwerken. An weiß gedeckten Tischen des eleganten Salons frühstücken einige Touristen. Aber auch für echte Pariser gehört ein Treffen bei Ladurée zum guten Ton. Unten an der Patisserie-Theke sortieren Mitarbeiter frische Macarons und bunte Törtchen in die Auslagen. Es duftet nach Puderzucker, gemahlenen Mandeln und knusprigen Croissants. „Bonjour!“, sagt David Holder, der Herr über diese Köstlichkeiten, mit freundlicher Stimme und reicht mir die Hand. Er trägt die Haare fast schulterlang, an seinen Händen blitzen silberne Ringe. „Dream Leader“ steht in goldenen Buchstaben auf der Visitenkarte des Franzosen. „Dieser Ort ist für mich sehr emotional“, erklärt er und führt mich durch die Räume, in denen früher die Büros von Japanese Airlines untergebracht waren. „Als ich diese Fläche zum ersten Mal sah, bekam ich Gänsehaut, weil ich sofort spürte: Meine Vision wird sich verwirklichen.“ Der Beginn einer süßen Revolution, die vor knapp 25 Jahren begann …

Monsieur Holder, dank Ihrer Leidenschaft hat das Ladurée-Macaron die Welt erobert. Sie waren erst 25, als Sie das traditionelle und damals einzige – 1862 gegründete – Ladurée-Café an der Rue Royale in Paris übernahmen. Heute kann man Ihr feines, buntes Mandelgebäck in allen Farben des Regenbogens weltweit kaufen: in 80 Ladurée- Boutiquen in 30 Ländern. Sie beschäftigen 1.400 Mitarbeiter, bereisen persönlich pro Woche drei verschiedene Städte, um die internationale Expansion Ihrer Firma weiter voranzutreiben. Woher stammt diese unbändige Passion und scheinbar endlose Energie? Ich glaube, diese Leidenschaft ist mir von väterlicher Seite vererbt worden. Meine Großmutter Suzanne war schon in der ersten und damals einzigen Bäckerei unserer Familie in Lille legendär. Niemand konnte besser verkaufen, und niemand machte unsere Kunden glücklicher. Sie liebte ihre Arbeit. Man spürte das. Auch mein Vater hat diese Passion. Ich denke, wir sind einfach eine sehr kreative Familie, immer voller Ideen.

In Lille sind Sie aufgewachsen, einer Kleinstadt im Norden Frankreichs. Wie war Ihre Kindheit? Wir hatten damals nur die eine Bäckerei und lebten ein bescheidenes, aber sehr glückliches Leben. Mein Vater arbeitete als Bäcker, auch meine Mutter half im Geschäft. In den 70er-Jahren begann mein Vater innerhalb Frankreichs zu expandieren. Unter dem Firmennamen „Paul“ baute er die Bäckereikette auf, die heute aus vielen Hundert Läden besteht. Ich habe sehr glückliche Erinnerungen an meine Kindheit. Auch wenn meine Eltern stets hart arbeiteten, hatten sie immer Zeit für meine Schwester, meinen Bruder und mich.

„Die Leidenschaft fürs Geschäft habe ich sicher von der väterlichen Seite geerbt. Niemand konnte so gut verkaufen und Kunden glücklich machen wie meine Großmutter!“ David Holder

Kurz vor seinem 50. Geburtstag nahm Ihr Vater Sie zur Seite und bat Sie, das Bäckerhandwerk zu lernen. Was machten Sie damals? Ja, das war der Beginn meiner beruflichen Karriere. Ich war 20 Jahre alt und beendete gerade mein Studium in globalem Finanzmanagement in Paris. Ich ging damals eigentlich davon aus, dass ich anschließend in die USA gehen und einen Master dranhängen würde, als mein Vater auf mich zukam. Sein eigener Vater war mit 51 ganz plötzlich gestorben. Da er ein ähnlich hartes Leben als Bäcker führte, fürchtete er, dass auch er jung sterben könnte. Er bat mich damals: Bitte verbringe zwei Jahre mit mir, in denen ich dir alles, was dieses Handwerk erfordert, selbst beibringen kann. Ich habe nicht lange gezögert, denn mir war klar, es war ein Geschenk, direkt von meinem Vater lernen zu können. Und ihm war es so wichtig, da er selbst erst 17 war, als er seinen Vater so plötzlich verloren hatte und sich anschließend alles selbst beibringen musste. Das wollte er mir ersparen.

Was waren damals Ihre eigenen Visionen, von welchem Beruf träumten Sie? Ich wusste seit meinem 14. Geburtstag, dass ich Bäcker werden wollte. Mitzuerleben wie mein Vater und auch schon meine Großmutter das Familienunternehmen nach vorn brachten, hat mich früh inspiriert. Mir war auch damals schon klar, dass es einmal meine Aufgabe werden würde, das Geschäft international auszuweiten. Meine Großmutter hatte den einen Laden in Lille, meine Vater eröffnete dann 50 bis 70 Bäckereien – und so dachte ich ganz natürlich, die weltweite Expansion würde dann die Aufgabe meiner Generation sein.

Was waren Ihre ersten Schritte? Als ich im Betrieb anfing zu arbeiten, schlossen wir erst einmal die Hälfte aller unserer Bäckereien wieder, weil einige unter ganz anderen Logos und anderem Management geführt wurden. 1993 eröffneten wir komplett neu mit einem Relaunch und dem neuen Designkonzept, das man bis heute mit den Paul-Bäckereien verbindet – mit den schwarzen Fassaden. Es war die Wiedergeburt der Marke Paul.

Noch einmal zurück zu der Zeit, als Sie mit 20 der Bitte Ihres Vaters folgten und Bäckerlehrling wurden – was sind Ihre Erinnerungen an jene Jahre? Das war die härteste Zeit meines Lebens! Ich war es ja nicht gewohnt, täglich 17 Stunden am Stück körperlich zu arbeiten. In den ersten Wochen verlor ich sieben Kilo. Nachts um 23 Uhr begann meine Arbeit mit der Vorbereitung des Brotteigs, dem Fermentieren, dem Zerteilen des Teigs. Das allein dauert schon sieben Stunden, bis überhaupt gebacken wird. Sobald das Brot fertig war, machte ich mich an das Feingebäck. Das wird den ganzen Tag gebacken, damit man genügend Produkte hat, die man tagsüber verkaufen kann und die auch an Restaurants und Hotels geliefert werden. Und dann, wenn du mit deinem Tag durch bist, musst du alles noch klinisch rein putzen! In dieser Zeit schlief ich nicht mehr als drei bis vier Stunden pro Nacht, aß nicht regelmäßig und traf mich nur selten mit Freunden auf einen Drink.

Als Sie die Lehre schließlich beendetet hatten, gab Ihr Vater aber, anders als Sie vermutet und gehofft hatten, die Führung des Familienunternehmens nicht in Ihre Hände. Er leitet es noch heute. Wie reagierten Sie damals? Ungeduldig. Ich verstand ihn zunächst nicht, denn mir war schnell klar, dass wir beide zu starke Persönlichkeiten waren, als dass es uns möglich gewesen wäre, im selben Unternehmen tätig zu sein. Aber wie durch ein Wunder fiel uns damals Ladurée in den Schoß.

Bevor Sie das traditionelle Unternehmen übernahmen, hatten Sie sich als Familie schon jahrelang jeden Samstag dort zum Lunch getroffen. Oh ja, das war eine Tradition unserer Familie, seitdem ich als Student von Lille nach Paris gekommen war. Das war 1985. Als wir Ladurée 1993 übernahmen, waren wir seit acht Jahren treue Kunden.

Sie waren erst 25 Jahre alt. Ladurée in der Rue Royale war damals das einzige Ladurée-Café, die Besitzer konnten sich nicht auf einen Nachfolger einigen und baten Ihre Familie um Hilfe. Was reizte Sie an diesem Projekt? Ich hatte schon damals die Vision, das Macaron weltweit auf den Markt zu bringen und die Firma Ladurée zu einer internationalen Marke zu machen. Meine Familie entschied sich, zunächst 51 Prozent der Anteile zu kaufen. 49 Prozent blieben bei den Ladurée-Nachfahren, zunächst für sieben Jahre. Danach übernahmen wir die Firma ganz. Von 1993 bis 1995 verbrachte ich zunächst intensive zwei Jahre damit, das gesamte Können und Know-how der Firma zu erlernen und die DNA der Marke in mein Blut aufzunehmen, bis ich die gesamte Kultur, das Wissen, wie man backt, einfach jedes Detail dieses traditionellen Betriebs verstanden hatte.

Um nachzuvollziehen, wie dynamisch Ladurée seitdem gewachsen ist: Wie viele Macarons verkaufte das Geschäft an der Rue Royale zu dem Zeitpunkt pro Tag – und wie viele Macarons produzieren Sie heute? Das weiß ich gar nicht so genau, aber lassen Sie mich nachdenken. 1993 müssen es 1.500 Macarons am Tag gewesen sein, die man in dem einen Café in Paris pro Tag verkaufte. Heute stellen wir etwa 18.000 Macarons pro Tag her.

Wie man auf der Ladurée-Website sehen kann, nehmen Sie auch online Bestellungen auf und liefern schon in einigen Ländern Macarons nach Hause? Ja, das ist ein relativ neues Projekt, das meine Schwester Elizabeth (verantwortlich für das US-Geschäft, Anm. d. Red.) in den USA sehr erfolgreich gestartet hat. Schon in den ersten acht Monaten verkauften wir gleich eine Million mehr! Seitdem haben wir dasselbe Prinzip in Frankreich und England begonnen und wollen es weiter ausbauen.

Aus welchem Grund produzieren Sie in zwei verschiedenen Ländern? Die Macarons, die Sie innerhalb Frankreichs verkaufen, werden auch dort hergestellt. Aber für den Rest der Welt produzieren Sie in einer eigenen Fabrik in der Schweiz. Als ich mich vor neun Jahren entschied, mit Ladurée international zu expandieren, musste ich mich neu aufstellen und einsehen, dass ich mich zum Schutz des Unternehmens auf mehrere Standbeine stellen musste. In Frankreich gehören Streiks nun einmal zum Alltag. So ein Risiko konnte ich mir aber nicht leisten. Daher machte ich mich auf die Suche nach einem Ort, der ähnlich wie Frankreich für die hohe Qualität des Essens und der Rohmaterialien bekannt ist. Nicht ohne Grund findet man in der Schweiz nicht nur die beste Schokolade der Welt!

Woran liegt das? Ich habe mich das schon oft gefragt – sind die Kühe in der Schweiz glücklicher als anderswo? Auf jeden Fall. Ich lebe dort selbst seit neun Jahren in der Nähe des Ortes Gruyère und kann Ihnen bestätigen, es ist ein Paradies: die Berge, die frische, reine Luft, die glücklichen Menschen. Und die Qualität der Dinge, die ich dort lokal einkaufe – fantastisch. Dazu kommt, dass ich dort Mitarbeiter gefunden habe, die nicht glücklicher sein könnten, für Ladurée zu arbeiten. Jedes Mal, wenn ich unsere Fabrik besuche, in der rund 100 Menschen auf 8.000 Quadratmetern arbeiten, ist es wie ein kleines Fest.

„Wir sind Bäcker in der fünften Generation – das war mir schon mit 14 bewusst!“ David Holder

Heute arbeiten weltweit rund 1.400 Mitarbeiter für die Firma Ladurée, die ebenso wie die Firma Paul – mit 450 Bäckereien allein in Frankreich – zur „Groupe Holder“ gehört und damit zu Ihrem Familienbesitz. Sie selbst sind Vizepräsident der Gruppe und Chef von Ladurée. Als „Dream Leader“ haben Sie entschieden, Ihr Kernteam am Unternehmen zu beteiligen – warum? Ich glaube, dass diese Tatsache mein Team noch mehr motiviert. Und mir bringt es Spaß, wenn ich wie vor ein paar Tagen ein Treffen beenden kann mit den Worten: „Ich habe jetzt mein Board Meeting.“ Dann werde ich sofort gefragt: „Ah, habt ihr jetzt doch Investoren?“ Und ich kann antworten: „Ja – mein Team!“ Es sind zehn wichtige Menschen, die ich um mich habe. Dazu gehört mein Patisserie-Chef oder auch mein CEO. Die Mitarbeiter meines „Dream Teams“ prägen Ladurée jeden Tag und sind für unseren Erfolg entscheidend. Vor ein paar Jahren kam ich auf die Idee, sie mit fünf Prozent am Unternehmen zu beteiligen. Ich fragte, ob sie bereit wären, dafür zu investieren. Und zu meiner Überraschung kamen knapp zwei Millionen Euro zusammen. Die Bewertung der Firma erfolgt jedes Jahr von einer unabhängigen Firma. Einige der Mitarbeiter nahmen für ihr Investment sogar Kredite auf.

Seit wann arbeiten Sie mit diesem Team? Einige wenige sind seit drei bis vier Jahren dabei, die meisten begleiten mich schon seit zehn oder 15 Jahren.

Wenn es darum geht, neue internationale Partner zu finden, die weitere Ladurée-Shops und -Cafés aufmachen wollen: Steigen Sie dann nach wie vor selbst in den Flieger und treffen diese persönlich? Oh ja! Und niemand anderes. Ich muss selbst ein Gefühl dafür bekommen, mit wem wir dort arbeiten werden. Auch die Location muss ich mit eigenen Augen sehen. Hier habe ich auch aus Fehlern gelernt. Denn in der Vergangenheit habe ich schon mal Verträge abgeschlossen, ohne mir ein Bild vor Ort gemacht zu haben – und leider haben diese Geschäfte dann auch nicht nachhaltig funktioniert. Je fremder der Markt, desto länger verbringe ich vor Ort. Erst vor Kurzem war ich für eine ganze Woche in Schanghai. In zwei Wochen reise ich nach Japan – dort wollen wir in Kyoto und Tokio eröffnen.

Sind alle weltweiten Ladurée-Locations Franchise-Partner? Wir investieren nur in Ländern innerhalb Europas oder auch in den USA selbst. Aber fast überall sonst schließen wir Franchise-Verträge ab, um das Risiko zu begrenzen. Einfach, weil wir die Kultur oder auch die politischen und religiösen Zusammenhänge nicht kennen oder uns das lokale Wissen fehlt. Ich genieße es bei meiner Arbeit besonders, mit fremden Kulturen näherzukommen und von ihnen zu lernen. So werden wir jetzt in Asien unsere Interiors etwas zeitgemäßer gestalten. Wir mussten zum Beispiel lernen, dass aufgrund der Einrichtung im Stil des 18. und 19. Jahrhunderts viele Kunden dort vermuten, wir seien zu hochpreisig. Insofern werden wir die Ladurée-DNA dort zwar beibehalten aber sie etwas zugänglicher machen, um auch ein jüngeres Publikum gewinnen zu können.

Werden neue Ladurée-Partner in Paris ausgebildet, bevor sie ein lokales Café eröffnen? Unbedingt. Alle weltweit tätigen Ladurée-Chefs kommen aus Frankreich. Das Team und die Key Manager werden außerdem für mehrere Wochen oder sogar Monate ausgebildet – je nachdem, wie qualifiziert sie ausgesucht wurden. Dazu habe ich ein internationales Management Team, das die ganze Welt bereist, um sicherzustellen, dass die Qualität und Exzellenz unsere Produkte weltweit jederzeit unserem Standard entspricht. Ich würde sagen, das ist heute eine meiner größten Herausforderungen. Expandieren ist einfach – aber auf jeden einzelnen Ladurée-Standort stolz sein zu können, das ist meine Herausforderung.

Ist der asiatische Markt Ihre nächste große Hürde? Absolut – und sicherlich die größte seit Bestehen des Unternehmens.

Ladurée-Macarons gibt es in zehn gängigen Sorten und fünf saisonalen – welche ist Ihr persönlicher Favorit? Orange Blossom! Eigentlich war sie nur als kurzzeitige, saisonale Sorte entwickelt worden. Als wir sie damals im Angebot hatten, kam ich mit meinem Freund, dem Prinzen von Kuwait, wegen einer Kooperation ins Gespräch. In Paris kaufte er dann Boxen mit fünf bis sechs Kilo Macarons für seine Mutter – alle nur mit einem Geschmack: Orange Blossom. Ich fragte ihn, warum nimmst du nur diesen einen Macaron? Den wird es nicht mehr lange geben. Als ich dann zur Vertragsunterzeichnung nach Kuwait flog, sagte er: Ich unterschreibe nicht. Ich war erst verärgert, schließlich war ich weit geflogen. Bis ich begriff, dass er einen Plan hatte. Er gab mit ein Papier und erklärte: Ich unterschreibe nur, wenn du mir versprichst, dass du Orange Blossom in die klassische Ladurée-Kollektion aufnimmst – erst dann wird meine Mutter glücklich sein! Was soll ich sagen – natürlich habe ich ihm diesen Wunsch erfüllt.

Wie schwer ist es, ein neues Macaron zu entwickeln? Kompliziert – es dauert etwa sechs bis neun Monate, eine neue Geschmacksrichtung zu implementieren.

In Paris trifft man sich heute gern zum Frühstück, Lunch oder Tee bei Ladurée. Auch in New York gehören Ihre Cafés – zusätzlich bekannt geworden durch die Teenie- Serie „Gossip Girl“ – zu den hippen Treffpunkten der weiblichen Millennials. Das stimmt. 80 Prozent unserer Kunden sind weiblich, und sie werden immer jünger. Daher haben wir in den vergangen Jahren unser Sortiment auch erweitert: Außer dem feinen Gebäck bieten wir Tees, Duftkerzen und auch Make-up und Parfüms mit Macaron-Düften an.

Erst vor einigen Monaten machten Sie Schlagzeilen, als die Herzogin von Sussex, Meghan Markle, das New Yorker Ladurée- Café in SoHo auswählte, um sich mit ihren Freunden anlässlich ihrer Babyshower zu treffen. Werden Sie im Fall von so hohem königlichen Besuch informiert? Selbstverständlich. Allein wegen der Sicherheit. Aber es ist nicht so, dass man davon schon Wochen vorher erfährt. Ich denke, damit gewährleistet bleibt, dass nicht zu viele Menschen von so einem hohen Besuch erfahren.

Wie haben Sie die Reaktionen darauf wahrgenommen? Für uns ist es immer gut, wenn über uns gesprochen wird. Natürlich war das für uns eine sehr positive Meldung, die Ladurée automatisch weltweit ins Gespräch gebracht hat.

Rückblickend ist es amüsant – vor 157 Jahren galt Ladurée als das einzige Café in ganz Paris, in dem sich anständige Damen der feinen Gesellschaft treffen durften. Bis dahin ziemte sich das öffentliche Treffen zum Tee für sie nicht, es war Prostituierten vorbehalten. Heute sind Ladurée-Cafés auf der ganzen Welt Treffpunkt für modebewusste Frauen – war das auch Teil Ihrer Vision damals? Nein, das ist etwas, das sich ganz natürlich so entwickelt hat. Weil wir die Kultur und die Träume und Werte von Ladurée sehr vorsichtig und bewusst über die letzten 15 Jahre immer weiter entwickelt haben. Eine Tatsache, die ich liebe. Auf das heutige Ergebnis bin ich sehr stolz!

Wenn Sie heute in die Zukunft schauen – wo sehen Sie Ihre Firma Ladurée in den nächsten 25 Jahren? Ich glaube, die Zukunft von Ladurée bleibt spannend. Ich hatte gestern einen großen Pressetag, an dem wir den Launch des ersten veganen Ladurée-Cafés in Los Angeles angekündigt haben. Wir werden es im Juli eröffnen. Es wird natürlich weiterhin die klassischen Speisen geben, aber eben auch eine vegetarische Variante – vor allem für die zubereiteten Speisen in den Cafés. Wir launchen außerdem demnächst ein Superfood-Macaron mit Açaí und weitere Macarons mit Superfood-Zutaten, ebenso vegane Torten wie etwa einen Schokoladenkuchen mit Kokosmilch. Ich bin selbst seit 20 Jahren überzeugter Vegetarier, aber wollte diese persönliche Einstellung nie zur Religion meiner Firma erklären. Allerdings hat sich die Welt in den vergangenen zehn Jahren verändert, und jetzt denke ich, ist es an der Zeit, dass Ladurée auch vegane und vegetarische Alternativen für unsere Kunden anbieten muss. Natürlich hilft es mir da sehr, dass ich aus eigener Erfahrung weiß, wie gut diese Ernährung für uns Menschen ist – für unsere Gesundheit und für die unsere Umwelt.

Seit letzten Herbst haben Sie einen zweiten Anlauf in Deutschland gemacht und haben in Berlin Ladurée eröffnet – nachdem Sie vor zehn Jahren gescheitert waren. Heute findet man Sie in Charlottenburg im Concept Store „The Corner“ – was haben Macarons und Mode gemein? Vor einigen Jahren eröffneten meine Freunde von der „Galerie Lafayette“ in Berlin und sagten zu mir: David, du musst mitkommen und in unserer Fläche einen Ladurée-Shop eröffnen. Ich hatte mit Deutschland damals keine Berührung, war noch nie in Berlin gewesen. Und das erste Mal in meiner Karriere machte ich den Fehler, mir die Location nicht vorher selbst anzuschauen. Ich erinnere mich noch, wie ich am Tag der Eröffnung ankam und meinen Shop im Keller neben dem Food Court sah. Ich wusste sofort: Den Laden werden wir gleich wieder schließen! Und genau so kam es. Zusammen mit „The Corner“ eine Fläche zu teilen, ist für mich sehr sinnvoll, denn wir verkaufen beide denselben Lifestyle. Unsere Kunden kommen ja nicht nur zu uns, um ein Gebäck zu kaufen – sie wünschen sich ein Erlebnis. Daher laden wir unsere Marke auch stets mit Kollaborationen aus Kunst und Mode auf. So kreieren wir regelmäßig Geschenkboxen als Limited Editions mit Designern und Künstlern wie etwa Pharrell Williams, Solange Azagury-Partridge oder Vera Wang. Mit der Performance-Künstlerin Marina Abramovic haben wir sogar eine kleine Kollektion Macarons entwickelt, inspiriert von den Düften ihres Lebens. Später gab es dann noch ein Happening, bei dem man ihr zuschauen konnte, wie sie eins dieser Macarons verspeiste – das war ziemlich crazy.

Sie sind heute in einem ähnlichen Alter wie Ihr Vater, der mit knapp 50 Jahren seinen Sohn beiseitenahm, um ihm das Wissen des Familienunternehmens persönlich zu vermitteln. Denken Sie langsam auch an Ihre eigene Nachfolge? Tatsächlich habe ich vor ein paar Monaten meinen Sohn Simon gebeten, eine Bäckerlehre anzutreten. Er ist 22 Jahre alt. Aber schon nach wenigen Wochen hat er abgebrochen. Ihm war das Ganze körperlich zu anstrengend. Er arbeitet jetzt in Genf und lernt im Verkauf. Aber meine Tochter Sasha ist ähnlich leidenschaftlich wie ich. Sie ist erst 19 Jahre alt und beendet nächstes Jahr die Regent Universität in London, wo sie Global Management studiert. Sie hat viel von mir und meiner Energie.

IssueGG Magazine 04/19
City/CountryParis, France
PhotographyDouglas Friedman
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