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Grande Dame der Côte d’Azur by Steffi Kammerer | 6. März 2020 | Personalities

Es ist ein Sehnsuchtsort, an dem man die Zeit vergisst. Und den keiner aus dem Kopf bekommt, der einmal hier war. In diesem Jahr wird das unvergleichlich glamouröse Hôtel du Cap-Eden-Roc an der französischen Riviera 150 Jahre alt. Der eigentliche Reichtum des Hotels sind die Gäste, die dem Haus zum Teil seit Generationen verbunden sind. Wir ziehen den Hut und sagen: Happy Birthday!

„Es sind die Gäste, die das Hotel zum Mythos machen.“ PHILIPPE PERD

Wenn Sie diese Zeilen lesen, hat das berühmteste Hotel der Côte d’Azur noch wenige Wochen Zeit, sich für die Saison herauszuputzen. Mitte April kommen die ersten Gäste nach der Winterpause, wenig später beginnt mit den Filmfestspielen der jährliche Ausnahmezustand. Im Sommer dann wird sich das „Hôtel du Cap-Eden-Roc“, Rückzugsort für Generationen, auf sein großes Jubiläum besinnen und feiern: 150 Jahre, in denen es vielen zum zweiten Zuhause wurde. Zwischen Cannes und Nizza gelegen, an der südlichsten Spitze des Cap d’Antibes, lockt es mit zeitloser Eleganz.

Ein cremeweißer Palast am Meer, die Schlagläden taubengrau. Es ist ein Ort, an dem einem der Atem stockt. Spätestens dann, wenn die Lobby durchschritten ist und sich die Tür in den riesigen Park öffnet. Da steht man dann, oben auf der breiten, dramatischen Marmortreppe, und schaut aufs glitzernde Mittelmeer weit unten am Ende einer Allee. Sie ist gesäumt von 100 Jahre alten Pinien und von Palmen, die fotogene Schatten werfen. Nichts ist zu hören, außer schreienden Möwen und Tennisbällen, die irgendwo aufploppen. So liegt es da, das Versprechen von Ferien und Unbeschwertheit, und selbst Firmenlenker und Studiobosse verharren immer wieder andächtig: dass der Moment bloß nicht vergeht. Das Haupthaus ist durch den Park mit dem „Eden-Roc Pavillon“ verbunden, der 1914 fertiggestellt wurde. Im gleichen Jahr wurde mit Dynamit der berühmte Salzwasser-Pool in den Fels gesprengt. Wem es am Pool zu voll ist, auf den warten private Cabanas, kleine weiße Hütten gleich am Meer. Die sind nicht ganz günstig: um den Tag über seine Ruhe zu haben, sind über 500 Euro fällig – so viel wie anderswo für ein sehr luxuriöses Zimmer. Aber über lästige Zahlen denkt man hier lieber nicht nach, sondern bestellt noch einen Bellini. Personal gibt es genug: Auf jeden Gast kommen mehr als zwei bestens ausgebildete Angestellte. Alles hier ist von altmodischer und sehr eigener Opulenz. Seit 1900 gibt es im Park sogar einen Hundefriedhof – mit Miniaturgrabsteinen – gleich neben dem Rosengarten. Bedingung für die Bestattung: Das Tier muss hier gestorben sein.

Nun also wird das berühmte Hotel 150 Jahre alt. Zum runden Geburtstag schenkt es sich ein 300 Seiten dickes Coffee-TableBuch: „Hotel du Cap-Eden-Roc: A Legend on the French Riviera“. Es ist ab Mai über Amazon erhältlich. Die Einleitung schreibt Graydon Carter, der das Haus als langjähriger Chefredakteur von „Vanity Fair“ seit Ewigkeiten kennt. Er hat hier über viele Jahre während der Filmfestspiele die begehrtesten Partys gegeben. In den Sommermonaten sind es fast nur Stammgäste, die im „Hôtel du Cap“ ein Zimmer buchen dürfen, am liebsten immer das gleiche. Familien aus aller Welt kommen in der dritten oder sogar der vierten Generation, oft verabreden sie sich untereinander. Die Kinder lernen hier schwimmen, Teenager baumeln übermütig an Strickleitern, Seilen und Schaukeln – die sind als ultimativer Sommerspaß über dem Mittelmeer installiert. Abends trifft man sich auf dem Dach des Pavillons: Sonnuntergang an der Champagnerbar. Hier oben scheint es, als stünde man an der Reling eines Ozeandampfers.

Das Ganze hat den Charakter eines Privatclubs. Auch die Mitarbeiter des Hotels sind zum Teil seit Jahrzehnten die gleichen. Der Portier Michel etwa oder der Butler Giovanni: Beide arbeiten hier seit über 40 Jahren. Zeitlos wie alles sind die Zimmer, in die man im holzgetäfelten historischen Aufzug fährt. An den Wänden Variationen von dezentem Grau, Sofas und Vorhänge mit Blumenmustern. Jeden Tag kommen frische Rosen auf den Nachttisch, sie wachsen im eigenen Garten. Das Hotel ist historisch, aber nicht museal, dafür ist es viel zu lebenslustig. So steht für Gäste etwa ein cremefarbenes Fiat Cabrio aus den 50er-Jahren bereit, ein originaler „Autobianchi Bianchina ,Eden-Roc‘“. Brigitte Bardot fuhr so einen. Das Modell, das für die elegante Spritztour geliehen werden darf, hat knallblaue Ledersitze und macht schon beim Anschauen gute Laune.

Es sind nur zwei Familien, denen das Hotel in seiner langen Geschichte gehörte. Das spürt man. Auch die Mitarbeiter des Hotels sind zum Teil seit Jahrzehnten die gleichen. Etwa der Portier Michel oder der Butler Giovanni.

Außer dem Haupthaus und dem „Eden-Roc Pavillon“ gehören zum Hotel noch die Residenz „Les Deux Fontaines“ und zwei separate Villen mit jeweils eigenem Pool. Im Juli wird eine dritte Villa hinzukommen, mit 400 Quadratmetern ist sie deutlich größer als die bestehenden. Insgesamt gibt es 118 Zimmer und Suiten, einschließlich der prachtvollen „Eden-Roc Suite“ mit ihrer unerhörten 250-Quadratmeter-Dachterrasse und Meerblick.

Das Haupthaus wurde 1870 von Hippolyte de Villemessant erbaut, dem Gründer der Tageszeitung „Le Figaro“. Er hatte es erdacht als Refugium für Autoren und Journalisten, die hier auf neue Ideen kommen sollten. Aber wie es manchmal so ist mit guten Plänen – es funktionierte nicht. Mehrere Besitzer versuchten vergeblich ihr Glück, das Haus war an manchen Ecken schon baufällig geworden. 1887 kaufte es der Italiener Antoine Sella und ließ es zwei Jahre lang renovieren. Dann eröffnete er das Hotel neu und schaffte es mit klugen Schachzügen, den internationalen Jetset zu locken, Adelige und die erste Liga Hollywoods entdeckten das Hotel für sich.

Und so gleicht jeder Winkel einer Zeitreise: Da hat Kirk Douglas gehockt und seine hölzernen Wasserski über dem Wasser baumeln lassen. Hier lag Marlene Dietrich und las, drüben spazierte Fred Astaire, dort zankten Elizabeth Taylor und Richard Burton, und der große Produzent Darryl F. Zanuck spielte Karten mit dem Aga Khan. Chagall verbrachte immer den August hier. Auch der Schriftsteller George Bernard Shaw war Stammgast, mit seinem großen Sonnenschirm war er nicht zu übersehen. Coco Chanel kam genauso wie John Lennon und Yoko Ono, die Kennedys und Churchill, Picasso und Hemingway. In seinem Roman „Zärtlich ist die Nacht“ hat F. Scott Fitzgerald dem Hotel ein literarisches Denkmal gesetzt.

„Auf eine Art gehört unseren langjährigen Gästen ein Stück des Hauses.“ PHILIPPE PERD

Es gibt Geschichten wie die von Gérard Depardieu und Robert De Niro, die sich am Pool anbrüllten, weil der eine den anderen nicht zum Geburtstag eingeladen hatte. Oder Johnny Weissmuller, der seinen berühmten Tarzan-Schrei in der Lobby losließ. Bruce Willis, der einen Tisch für 30 Personen reservierte und mit 300 Leuten kam. Vor ein paar Jahren konnte man eines Morgens Brad Pitt, Matt Damon und George Clooney sehen, die auf dem Rasen Cricket spielten. Skandälchen, natürlich, auch davon gab es genug: Kate Moss, die mit Johnny Depp das Hotelzimmer verwüstet hinterließ, Lars von Trier, der im riesigen Wohnmobil vorfuhr. Jugendsünden, heute sind beide wieder willkommene Gäste. Und es gibt Geschichten wie die des Kofferträgers, der einen Unfall hatte, und für dessen Familie die Stammgäste sammelten. Seit 1969 gehört das Hotel der deutschen Industriellen-Familie Oetker. Fünf Jahre bevor sie es damals erwarben hatten Maja und Rudolf-August Oetker das Anwesen vom Wasser aus entdeckt, während sie in der Gegend segelten, sie wollten es da schon kaufen, aber es war zu teuer. Sie bekamen ihr Hotel schließlich, nachdem sie den Sellas versprochen hatten, den Geist des Hauses zu erhalten und den Mitarbeitern nicht zu kündigen. Heute ist das Hotel Teil der stetig wachsenden Oetker Collection, zu der weltweit bereits neun einzigartige Grandhotels gehören. Unter anderem das „Le Bristol“ in Paris, „Brenners Park-Hotel“ in Baden-Baden und das „Eden Rock“ in St. Barths.

Es sind also nur zwei Familien, denen das Hotel in seiner langen Geschichte gehörte. Das spürt man. Und auch die Manager geben hier keine schnellen Gastspiele. Philippe Perd führt das Haus seit über 15 Jahren. Er sagt: „Es sind die Gäste, die das Hotel zum Mythos machen.“ Perd ist der Direktor, seit er die Aufgabe 2005 von Jean-Claude Irondelle übernahm. Der hatte das Haus zuvor 35 lange Jahre geleitet. Jedes Jahr reiste der Strippenzieher in den Wintermonaten nach New York und Los Angeles und lud zu exklusiven Cocktails und Dinners. Die Filmstudios bedankten sich, indem sie Empfänge im „Hôtel du Cap“ veranstalteten. Es ging unter seiner Ägide recht streng hier zu: Am Pool waren Mobiltelefone verboten, Jacques Chirac durfte, so kann man es im „Wall Street Journal“ nachlesen, mal nicht zum Abendessen erscheinen, weil er keine Krawatte trug, auf den Zimmern gab es weder Fernseher noch Minibars. Und das bei Luxus-Gästen, die es sonst gewohnt sind, selbst im Bad alle erdenklichen Hightech-Errungenschaften vorzufinden. Wer die Stille nicht aushielt, musste sich ein TV-Gerät vom Butler bringen lassen. Und vielleicht auch einen Fön, der lag hier nämlich auch nicht bereit. Der umtriebige Philippe Perd war es, der das Haus mit viel Fingerspitzengefühl in die Gegenwart führte. Vier Jahre lang wurde ab 2007 renoviert. Aber so, und das war der Trick, dass es keiner sehen sollte. Maja Oetker folgte schließlich seinem Drängen und gestattete Fernseher in allen Zimmern. Im April 2011 eröffnete das Hotel nach einem 67-Millionen-Dollar-Facelift. Minibars und große Flachbildschirme sind seither Standard. Auch mit Kreditkarte kann man heute zahlen, bis 2006 beglich man die Rechnung bar oder per Überweisung. Was es jedoch niemals geben wird sind Plastikkarten, um die Zimmer zu öffnen. Schlüssel sind im „Hôtel du Cap“ aus Messing wie eh und je. Anreise per Hubschrauber? Bitte nein, entschied Maja Oetker schon vor Jahren, damit störe man nur andere Gäste. „Wir sind nicht neureich. Wem es so nicht gefällt, der kann woanders hingehen“, hat sie mal gesagt. Sie persönlich hat sich um die Gestaltung jedes einzelnen Zimmers gekümmert. Sie hat Möbel und Gemälde ausgewählt, die Stoffe und Farben bestimmt. Philippe Perd sagte nach dem Umbau: „Wir haben in den vergangenen Jahren genau zugehört, welche Wünsche unsere Gäste äußern. Das Fazit ist exakt das, was wir uns vorgenommen hatten: das Hotel so sensibel zu renovieren, dass es den Anschein hat, alles ist beim vertrauten Alten geblieben, nur die Details haben sich verändert.“

Und auf seine Weise geht das „Hôtel du Cap“ durchaus mit der Zeit. „Die neue Generation“, so Perd, „bildet ihre Erfahrung auf Instagram ab. Meine loyalen Gäste können mit dem Medium vielleicht nicht viel anfangen – deren Kinder aber umso mehr.“ Er weiß auch genau, wie viele Follower sein Hotel derzeit hat: „Knapp 120.000. Bis Jahresende werden es 150.000 sein.“

Während der Filmfestspiele ist es an der Croisette laut und drängelig. Und so kommt es, dass das begehrteste Hotel des Festivals nicht in Cannes liegt, sondern eben eine halbe Stunde die Küste hinauf. Oder fünf Minuten per Boot. Dank seines privaten Bootsstegs ist das Haus leicht über das Meer zu erreichen. Hier in dieser Zeit ein Zimmer zu ergattern, ist schwer und überhaupt nur jenen erlaubt, die alle zwölf Nächte des Festivals durchbuchen. Ein gutes Drittel der Zimmer geht jedes Jahr an Stammgäste, selbst Hollywood-Größen schätzen Routinen.

Während der Filmfestspiele in Cannes ein Zimmer zu ergattern ist schwer und nur jenen erlaubt, die alle zwölf Nächte des Festivals durchbuchen. Ein gutes Drittel der Zimmer geht an Stammgäste, selbst Hollywood-Größen schätzen Routinen.

Seit 2009 wird auch die amfARGala im Mai im „Hôtel du CapEden-Roc“ veranstaltet und nicht länger in den Bergen oberhalb von Cannes. Dieser Umzug geht auf Perds Konto, ebenso wie der LimoService, mit dem heute jeder Gast am Flughafen abgeholt wird, der mindestens vier Nächte bleibt. Und er hat den Drei-Sterne-Koch Éric Frechon als gastronomischen Berater geholt. Die Küche des Hotels soll im Jubiläumsjahr auf ein ganz neues Level gebracht werden. Entsprechend sind in der Winterpause beide Restaurants entkernt und komplett neu gestaltet worden. „Auch wenn wir ihre DNA beibehalten haben.“ Zu modern sollte es nicht aussehen, das Mobiliar wurde deshalb eigens entworfen. „Wir haben auf eine subtile Weise eine Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft geschlagen.“

Im Sommer wird es zwei exklusive Events geben, um den großen Geburtstag zu feiern. Mit jeweils 250 treuen Gästen. Keine große Party am Pool, sondern elegante Dinners, so wie es zum Haus passt. Details verrät Perd nicht, es soll eine Überraschung sein. Schließlich, so sieht er es, gebührt seinen Gästen Dank. Er selbst hat unzählige Gespräche mit ihnen geführt, hat sie zu Farbwünschen und Stoffen befragt. „Wir wollen ja kein x-beliebiges Fünf-Sterne-Haus werden, niemals.“ Entsprechend vorsichtig müsse man vorgehen bei allem Wandel. „Unsere langjährigen Gäste wollen nicht, dass ihr Hotel sich ändert. Und auf eine Weise gehört ihnen ja wirklich ein Stück des Hauses. So wie einem ein Stück vom Paradies gehört.“

IssueGG Magazine 02/20
City/CountryAntibes, France
PhotographyDouglas Friedman
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