Kurs auf Grün by Patricia Parinejad | 16. September 2022 | Destinations
Mallorca und Massentourismus – das passt nicht mehr. Die größte Insel der Balearen setzt immer bewusster auf eine nachhaltige Zukunft. Eine starke Umweltbewegung kämpft für ein grünes Mallorca. Für die Erhaltung lokaler Traditionen und der wilden, unberührten Schönheit.
Es gibt Orte, die verzaubern. Sie lassen einen nicht mehr los. Ein solcher liegt in der Inselmitte von Mallorca: „Osa Major“, eine nachhaltige Oase. Die autarke Finca, geführt von Brenda Ooteman und Roland Verbeek, steht ganz oben auf der Wunschliste ökologisch orientierter Reisender.
„Unsere Produkte kommen aus unserem eigenen Biogarten, von unseren Hühnern und Bienen“, lacht Brenda beim Ernten ihrer Kürbisse. „Auch Solaranlagen und gefiltertes Wasser in Glasflaschen gehören dazu.“ Brenda und ihr Mann Roland stammen aus den Niederlanden, 2006 haben sie das Grundstück mit der fantastischen Aussicht gekauft, sie bieten Yoga-Retreats, servieren Detox-Shakes und vegane Speisen. Die begeisterten Segler sind Teil einer Bewegung. Denn Mallorca – bekannt für Sonnenanbeter und eine überbordende Reisebranche – hat zu einem intensiven Dialog rund um Naturschutz und Nachhaltigkeit gefunden. Klimakrise und Pandemie verstärkten diese Entwicklung. Eine spannende Umweltbewegung kämpft nun abseits des Massentourismus dafür, die berauschende Schönheit der Insel zu bewahren.
Wie die Stiftung Cleanwave. Von der Dänin Line Hadsbjerg und dem Deutschen Philipp Baier gegründet, begann sie als Reaktion auf die Plastikvermüllung Mallorcas, einem der größten ökologischen Probleme und einer tödlichen Gefahr für die fragile Tierwelt.
Inzwischen ist Cleanwave zu einem bedeutsamen Netzwerk angewachsen. Es gibt inselweit Trinkwasserstationen mit per Osmose gefiltertem Wasser, Aufforstung für Unterwasserwälder im Meer sowie ein Bildungsprogramm für Kinder. Das Umdenken auf Mallorca zeigt sich in konkreten Ergebnissen: Plastiktüten im Handel wurden 2019 eingeschränkt, seit März 2021 sind Verkauf und Gebrauch von Einwegplastik verboten. Auch die Mallorca Preservation Foundation – von Naturschützer Ben Goldsmith mitbegründet und vom Immobilienexperten Hans Lenz mit Herz und Engagement gesteuert – trägt maßgeblich dazu bei, Umweltprojekte auf der Insel zu unterstützen.
Das Hotel „Es Racó d’Artà“ ist ein weiterer nachhaltiger Sehnsuchtsort, versteckt zwischen Weinbergen und Wäldern. Von zwei Mallorquinern behutsam restauriert, liegt das Resort auf 220 Hektar Land nahe dem Naturschutzgebiet Llevant mallorquín. Von außen ein traditionelles Landgut mit üppiger Vegetation, überzeugt das Innere durch Schlichtheit, Spiritualität und Stille.„Wir wollten einen spartanischen Rückzugsort schaffen, der Frieden verströmt“, erklärt Architekt Toni Esteva.
Das „Ca na Toneta“ von María Solivellas ist führend in der Slow-Food-Bewegung Mallorcas. „Mit der Ernte aus dem eigenen Garten folge ich den Rhythmen der Jahreszeiten, wir bekochen unsere Gäste mit seltenem, wiederentdecktem Gemüse.“ Inspiriert von den Essgewohnheiten ihrer Ahnen, sind Marías Köstlichkeiten voller Aromen und Farben und das Restaurant ein Mekka für Bio-Food-Aficionados.
Auch die Bio-Tees von Dos Alquemistas sind stärkend. Gewonnen werden sie aus Olivenblättern. Die werden per Hand von den Zweigen abgestreift, getrocknet und zu den Tees und trinkbaren Gewürzmischungen verarbeitet. Gründerinnen Katja Wöhr und Kate de Vere wissen: „Dank des hohen Gehalts an Antioxidantien sind sie nicht nur lecker, sondern auch gesund.“ Die Blätter stammen aus dem Olivenhain von Son Moragues, einer der größten, ökologischen Fincas in der Serra de Tramuntana. Ein Blueprint für lebendige Landwirtschaft ohne Pestizide oder Kunstdünger.
Für Mallorquiner und solche, die es geworden sind, werden Umweltfragen immer zentraler. Daher spielt nachhaltiges Bauen eine wachsende Rolle. Diesen Prinzipien folgt das Architekturbüro Duo Sóller. Seit fast 20 Jahren leben und arbeiten die Gründer Anke Scheideler und Roland Weber auf der Insel. Ihre Philosophie: Verbesserung von Energieeffizienz in den Häusern, Abfallreduzierung und Recycling. Eine Einstellung, die stellvertretend für eine Lebensweise steht, die dazu beiträgt, die grandiose Schönheit Mallorcas zu schützen.