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The African Dream by Silke Bender | 2. Dezember 2022 | Travel

Das Abenteuer begann 1983 mit einem einzigen Land Rover in Botswana: Heute ist Wilderness Safaris mit über 60 Camps in acht afrikanischen Ländern Marktführer im High-End- Ökotourismus. CEO Keith Vincent über sein nachhaltiges und erfolgreiches Geschäftsmodell.

Das erste Mal in der Savanne vor einem Elefanten stehen, Auge in Auge, ist ein unvergleichlicher Moment. Derart groß, dass den meisten Menschen die Tränen kommen. So auch Keith Vincent. Als Kind träumte er davon, ein Stück des Hwange-Nationalparks zu besitzen und zu be- schützen. Heute beschützt sein Unternehmen Wilderness Safaris 2,3 Millionen Hektar Wildnis, eine Fläche, größer als Israel.

Die Geschichte beginnt 1983 mit Keith Vincent und anderen Buschführern in Botswana. Mit einem einzigen Land Rover, den er auf Kredit kaufte und in dem er erste, spartanische Safaris organisierte. „Mit Zelten, Bohnen und Eiern, die wir teils auf Schaufeln kochten“, lacht Vincent. Wer in der Wildnis überleben will, lernt, mit Ressourcen sparsam umzugehen. Unbewusst leitete ihn da schon die Unternehmensphiloso­phie, mit der Wilderness Safaris zum Vorzeige­modell für nachhaltigen Ökotourismus wur­de; sie definiert sich mit vier Cs: Conservation, Community, Culture, Commerce. Also: Um­weltschutz, Gemeinschaft, Kultur und Handel.

Seine Eltern kamen in den frühen 50er ­Jah­ren aus Nordirland nach Simbabwe, damals noch britische Kolonie, um Zuckerrohrfar­mer*innen zu werden. „Ich wurde in Afrika ge­boren, habe mein ganzes Leben im Busch ver­ bracht und miterlebt, wie mit der wachsenden Bevölkerung immer mehr Wildnis zerstört wur­de. Alles, was mich beschäftigte, war: Wie kann man den Menschen und den Tieren gleichzei­tig helfen?“, sagt er. „Wir haben sehr schnell erkannt, dass wir als Safari­Anbietende dafür die ländlichen Kommunen mitnehmen mussten, ihnen zeigen, dass auch sie profitierten, wenn sie ihre Natur und Tiere schützten.“

Der Film „Jenseits von Afrika“ ließ ab Mitte der 80er­Jahre die Nachfrage nach Foto­Safaris im südlichen Afrika explodieren. Der Boom er­mutigte Vincent und seine Buschführer­Kolle­ gen 1990 dazu, ein erstes, luxuriöses Resort in Botswana zu bauen. „Zum ersten Mal wurde es für die Regierungen und Kommunen nämlich lukrativer, ihr Land an uns statt an Jagdbetrei­ber*innen zu verpachten. Wir konnten mehr be­zahlen, brachten Hunderte von Arbeitsplätzen statt nur einer Handvoll und mehr Steuer­ und Deviseneinnahmen. Manchen Kommunen zah­len wir heute bis zu einer halben Million US­ Dollar pro Jahr an Pacht.“

Die jungen Dotcommillionär*innen, der Ausbau internationaler Flugverbindungen und die eigene Wilderness­Air­Flotte, die Gäste bequem von einem Camp zum ande­ren transportieren kann, bescherte dem Unternehmen zehn Jahre später einen erneuten Wachstumsschub. „Wir waren die Ersten, die die Bedürfnisse dieser Klientel bedienten, in­ dem wir ihr höchsten Komfort und sehr exklusive Naturerlebnisse boten“, sagt Vin­cent. Während andere Anbietende auf den Massenmarkt zielten, konzentrierte sich Wil­derness Safaris zunächst auf abgelegene Ge­genden im südlich­zentralen Afrika: in Sam­bia, Südafrika, Simbabwe, Botswana, Ruanda oder Namibia. Kleine, feine Camps mit meist nicht mehr als einem Dutzend Zelten oder Suiten und ganz privaten Buschführungen. „Wer einmal mit 120 anderen Land Rovers vol­ler Tourist*innen am gleichen Fleck auf Elefanten wartete, weiß, was das für einen Unter­ schied macht“, sagt er.

Mehr als 3.000 Menschen arbeiten heute in den Camps von Wilderness Safaris, über 90 Prozent der Mitarbeitenden kommen ausumliegen­ den Gemeinden. „Besonders stolz bin ich da­ rauf, dass viele von ihnen – seien es Pilot*innen oder Camp­Manager*innen – heute aus unserer Stiftung Children in the Wilderness stammen“, erzählt Vincent. „Diese Bildungs­ und Fürsorge­ initiative gründeten wir, als Aids Millionen von Kindern in Afrika zu Waisen machte.“

2018 holte die Wilderness Holdings rund 140 Millionen Dollar Investorengelder ein von namhaften neuen Anteilseigner*innen wie der Witwe von Apple­Gründer Steve Jobs, Sänger Bono, dem Regisseur George Lucas oder Sir Richard Branson. In den Anfängen der Covid­Krise musste das Unternehmen beweisen, wie ernst es ihm mit dem C für Community war. „2020 war auch das Jahr der Dürre und der größten Ernährungsnot, die ich je in Afrika erlebt habe“, sagt Vincent. „Zusätzlich brachen uns alle Einnahmen weg. Es gab keine Unternehmenshilfen wie in Europa. Und doch haben wir unsere Angestell­ten und deren Dörfer die gesamten zwei Jahre mit Kurzarbeiter*innengeld und mit Tausen­den Tonnen Lebensmitteln unterstützt.“

So konnten alle Camps im März wieder öff­nen. Schon jetzt zählt Wilderness Safaris mit 40.000 Gästen pro Jahr wieder genauso vie­le wie vor der Krise. 2023 wollen sie mit dem Partner Wayo Africa, neuen Walking­Safaris und mobilen Luxus­Camps in Tansania Fuß fassen. Und in spätestens drei Jahren ist die Expansion nach Asien und Südamerika ge­plant. „Wir sind heute führend in der Entwick­lung von erlebnisorientiertem Ökotourismus“, sagt Keith Vincent. „Wir haben ein erfolgreiches Geschäftsmo­dell made in Africa erfunden – und das ist etwas, mit dem ich abends gut einschlafe.“

IssueGG Magazine 01/23
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PhotographyWilderness Safaris