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Some like it hot by Michaela Cordes | 31. Mai 2024 | Travel

Er ist 725 PS stark, hat fünf Türen und ist heiß begehrt. GG durfte den neuen Ferrari Purosangue exklusiv in Neuseeland Test fahren, 700 Kilometer von Taupo bis ­Wellington, durchs Land der Hobbits. Über das sinnliche ­Fahrerlebnis und den Mythos einer einzigartigen Marke.

Für diese einzigartige Testfahrt bin ich auf die andere Seite der Welt gereist. Nach einem 24-Stunden-Trip mit Flug über Singapur nach Auckland komme ich im Golfhotel „Kinloch Manor“ mit spektakulärem Blick über den See von Taupo an; vor dem imposanten Eingang blinzeln mir fünf Ferrari Purosangue zu. In Rosso Portofino und Blu Corsa stehen sie frisch gewaschen in der Sonne. Eine kleine Sensation – es ist der erste Ferrari mit fünf Türen und vier bequemen Sitzen. Ein Vollblut-Ferrari für den Alltag – und jetzt schon so begehrt, dass man sich als Kunde auf eine Wartezeit bis mindestens 2026 gefasst machen muss.

Um mich herum Wiesen und Felder, so weit das Auge reicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte diese Landschaft rund um den See von Taupo – hier leben nicht mehr als 42.000 Menschen – als schottisches Hochland durchgehen. Der Himmel zeigt sich etwas launisch – von blau und sonnig bis zu dicken, grauen Regenwolken ist alles dabei. Ein Ferrari-Mitarbeiter erscheint und poliert alle Wagen auf Hochglanz.

Ich bin die einzige Frau, die zur zweiten Etappe der fünfteiligen „New Zealand Grand Ferrari Tour“ eingeladen ist. Waren es früher ausschließlich Männer, die sich für die legendären Autos begeisterten, nimmt die weibliche Fangemeinde weltweit dynamisch zu. Das Unternehmen Ferrari spricht nicht über seine Kunden, aber im August letzten Jahres veröffentlichten die „South China Morning Post“ und Bloomberg, dass 25 Prozent der neuen und gebrauchten Ferraris in China an Frauen verkauft wurden. Damit ist in China heute jeder vierte Ferrari-Käufer eine Frau.

Insgesamt 700 Kilometer von Taupo über Hastings in die Hauptstadt Wellington stehen für die nächsten Tage auf dem Plan. Vor dem Abendessen lernen wir bei einem Live Call das Ferrari-Team im italienischen Maranello kennen und werden für die Tour gebrieft. Man ist sichtlich stolz auf den Purosangue und vermeidet die Bezeichnung SUV. Kein Wunder – schon vor bald zehn Jahren hatte Ferrari die Entwicklung eines Sport Utility Vehicle klar ausgeschlossen. Damals ver kündete Ferrari-Design-Boss Flavio Manzoni: „Niemals! Enzo Ferrari würde sich im Grabe umdrehen.“ Dennoch hat man sich bei Ferrari Gedanken gemacht, ein Auto zu entwickeln, das das berühmte Sportautogefühl mit Komfort kombiniert und dennoch keine Kompromisse macht. Erst jetzt sei man so weit, ein Supercar zu präsentieren, das all diesen Anforderungen entspricht. Das liegt vor allem am Fast Suspension System, dem neuen Chassis und einem V12-Saugmotor, der – ganz neu – als Front-Mittelmotor für ein beispielloses Fahrerlebnis sorgt und sich dank seiner Leistung und seines Komforts deutlich vom Markt abhebt. Dieser ikonische Motor aus Maranello wird erstmals in dieser völlig neuen Konstruktion eingesetzt und soll sicherstellen, dass das Fahrzeug mehr Leistung auf die Straße bringt als jedes andere Modell in diesem Segment – 533 Kilowatt (725 PS) – und dazu den beeindruckenden Ferrari-Sound garantiert. Und auch wenn die Presse das neueste Ferrari-Modell oft als SUV betitelt, diesen Begriff traut sich keiner der anwesenden Journalisten in den Mund zu nehmen. Der Purosangue ist ein Vollblut-Ferrari, ganz wie es sein italienischer Name sagt. An ihm sollen Männer wie Frauen Spaß haben – ein alltagstaugliches Auto für die ganze Familie.

Am nächsten Morgen ist es so weit, und wir dürfen endlich ausprobieren, was uns so ausführlich beschrieben wurde. Der Moment, auf den ich mich gefreut habe wie ein Kind: Ich nehme Platz im Purosangue. Schon das Gefühl, in einen Ferrari einzusteigen, ist ein sinnliches Erlebnis und lässt mein Herz höherschlagen. Man fühlt sich eingebettet wie in eine bequeme Luxus-Lounge.

Ferrari gibt an, dass der Purosangue zu fast 85 Prozent aus nachhaltig produzierten Rohstoffen entwickelt wurde. Sein Stoffdachhimmel ist aus recyceltem Polyester, der Teppich aus Polyamid, das aus Fischernetzen recycelt wurde. Die Sitze sehen aus wie Leder, sind aber tatsächlich aus neu entwickeltem Alcantara, das ebenfalls aus recyceltem Polyester gewonnen wird. Der Ferrari Purosangue ist das weltweit erste Auto, das diese außerge-wöhnliche Version von Alcantara aus 68 Prozent recyceltem Post-Consumer-Polyester verwendet hat. Um das Alcantara-Material erfolgreich nutzen zu können, musste die Marke eine ­Recycled-Claim-Standard(RCS)-Zertifizierung der italienischen Non-Profit-Organisation ICEA erhalten. Eine weitere Besonderheit am Purosangue-Cockpit ist das großzügige Co-­Piloten-Display, auf dem der Beifahrer am Spaß des Ferrari-Erlebnisses teilhaben kann. Um meine Tasche auf den Rücksitzen abzustellen, ziehe ich an der Hintertür den flachen Knopf unter der Scheibe an mich heran, und schon öffnet sich automatisch die sogenannte Welcome Door, andersherum als übliche Autotüren. Ferrari nennt die beiden Hintertüren auch liebevoll Hugging Doors. Der Purosangue ist übrigens der erste Ferrari mit Heckklappe und umklappbaren Rücksitzen – und damit dem größten Kofferraum im italienischen Rennstall.

Ich starte den Motor und höre das tiefe Grollen des V12-Motors, der so sagenhaft mit der Marke Ferrari verbunden ist wie das aufsteigende Pferd auf der roten Flagge. Ich trete erst zaghaft auf das Gaspedal, um zu erfühlen, wie schnell das Auto auf mich reagiert. Auf der Landstraße angekommen, werde ich schnell mutiger und fühle mich sehr wohl damit, am Ferrari-Lenkrad zu sitzen. Man sieht und spürt, dass jedes Detail am Purosangue lang durchdacht und schließlich in sorgfältiger Handarbeit und sehr überlegt entwickelt worden ist. Kein Wunder, denke ich, dass ein Ferrari zu den höchsten Luxusgütern zählt. Auch wenn der Einstiegspreis für den Purosangue aktuell bei 380.000 Euro liegt, gilt jeder Ferrari als ein solides Investment. Im November letzten Jahres sorgte ein Ferrari GTO aus dem Jahr 1962 für Furore, als er für knapp 52 Millionen Dollar als zweitteuerstes Auto der Welt von Sotheby’s versteigert wurde.

Hat man Interesse, einen Ferrari zu bestel-len, heißt das noch lange nicht, dass man auch die Chance erhält, einen zu besitzen. Backgroundchecks und eine lange Beziehung zur Scuderia Ferrari in Italien sind nur einige von vielen Voraussetzungen, um sich eines Tages als Ferrari-Besitzer bezeichnen zu dürfen. Dazu verpflichtet sich jeder Ferrari-Inhaber, niemals etwas Untypisches an seinem Auto ändern zu lassen. Auch diese behutsame und sehr bedachte Kultur hat seit der Gründung der Firma durch Enzo Ferrari im Jahr 1947 ein wertvolles Unternehmen geschaffen.

Heute beschäftigt Ferrari rund 5.000 Mitarbeiter, die pro Jahr nur rund 13.000 Autos produzieren. Im vergangenen März lag der Wert der Firma bei 77,78 Mil­liarden Euro. (Zum Vergleich: Volkswagen beschäftigt rund 200.000 Mitarbeiter, stellt pro Tag 40.000 Autos her, im Jahr etwas über neun Millionen und wird mit „nur“ 66,83 Milliarden Euro bewertet.)

Unser Roadtrip führt uns von Taupo über Hastings bis nach Wellington an der Südspitze der Nordinsel von Neuseeland, vorbei an schneebedeckten Vulkanlandschaften und Wiesen. Wir dürfen leider nicht viel schneller fahren als 110 Stundenkilometer. In diesen Momenten wünschte ich mir, mich einmal kurz auf eine deutsche Autobahn beamen zu können, um den Purosangue mit seiner Maximalleistung von 312 Stundenkilometern voll ausfahren zu können. Aber hier in Neuseeland ist man, was die Tempolimits angeht, sehr streng, wie bei allem, was die Artenpflege und Erhaltung der Natur angeht. Das ist mir schon bei der Landung in Auckland bewusst gemacht worden, als der Zollbeamte sich außergewöhnlich lange für die Sohlen meiner Schuhe interessierte. Wanderschuhe soll man möglichst neu gekauft mitbringen, erklärte er mir. Man möchte vermeiden, dass Touristen fremde Organismen ins Land schleppen, die die hiesige Flora und Fauna bedrohen könnten.

Bei Hastings legen wir einen Stopp ein, um den Kiwi zu besuchen, den Nationalvogel Neuseelands. Im Kiwi Sanctuary lernen wir, dass es im 19. Jahrhundert noch um die zwölf Millionen dieser scheuen Vögel gab. Heute zählt man gerade noch 60.000. Der Kiwi ist ein höchst ungewöhnliches Lebewesen: ein Vogel, der nicht fliegen kann, Fell statt Gefieder trägt und Nasenlöcher an der Spitze des Schnabels hat. Das scheue Tier brütet zweimal pro Jahr ein Ei aus, das 25 Prozent seines Körpergewichts einnimmt. Ein Kiwi-Küken kommt mit vollem Magen auf die Welt und muss nicht gefüttert werden.

Kurz bevor wir die Hauptstadt Wellington erreichen, verändert sich die Umgebung, und man fühlt sich an die „Herr der Ringe“-Trilogie erinnert. Wir fahren durch hügelige, weite grüne Landschaften – überall Schafe! Es scheint tatsächlich zu stimmen, was man hier immer wieder hört: dass es in Neuseeland mehr Schafe als Menschen gibt. Die Vegeta­tion erinnert so sehr an die berühmten Filme, dass ich mich nicht wundern würde, wenn mir gleich ein Hobbit aus dem Gebüsch entgegenspringt. Peter Jackson, Regisseur und Produzent der berühmten Kinofilme, hat hier (in Matamata in der Nähe von Lake Taupo) nicht nur seine preisgekrönten Filme gedreht. Alle Special Effects und Kostüme sind in dem von ihm gegründeten Weta Workshop entstanden, den wir in Wellington besuchen. Während der spannenden Studiotour lernen wir, dass Weta mit seinen Werken innerhalb der letzten 30 Jahre fünf Oscars und vier BAFTA Awards gewonnen hat. Bevor wir ins Hotel einchecken, heißt es Abschied nehmen von meinem Purosangue, der mir über die letzten Tage richtig ans Herz gewachsen ist. Alle Ferraris werden per Fähre für die dritte Etappe der „New Zealand Grand Tour“ auf die Südinsel Neuseelands überführt. Ciao Bellissimo, denke ich, als ich zum letzten Mal aussteige und den schicken Ferrari-Zündschlüssel nur widerwillig einem Mitarbeiter übergebe. È stato un grande piacere! Es war mir ein großes Vergnügen!

IssueGG Magazine 03/24
City/CountryNew Zealand
PhotographyCourtesy of Ferrari
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