Den Göttern so nah by Steffi Kammerer | 11. Februar 2025 | Destinations
Seit fünf Generationen in Familienbesitz, die unsterbliche Aussicht auf den Golf von Neapel gleicht einem Gemälde. Das legendäre Hotel Excelsior Vittoria in Sorrent lockt Reisende mit Charakter, Eleganz und viel Liebe zum Detail.
Alles scheint hier oben möglich. Wer einmal die Terrasse über den steilen Klippen betreten hat, vergisst den weiten Blick und das Glücksgefühl, das die erhabene Aussicht auslöst, so schnell nicht. Vor einem der Vesuv, bis zum Horizont alle Schattierungen von Blau, wie in Zeitlupe gleiten Yachten über die glitzernden Wellen.
Der legendäre Tenor Enrico Caruso stand 1921 hier und hat gesungen, das letzte Mal vor Publikum. Bald nach seinem Aufenthalt starb er, die Caruso-Suite bewahrt sein Andenken: Sein Klavier steht hier, an den Wänden private Briefe und historische Fotos. An prominenten Gästen mangelt es dem „Grand Hotel Excelsior Vittoria“ ohnehin nicht, die Liste reicht von Richard Wagner, der hier einen Teil des „Parsifal“ fertig schrieb, bis zu Katharina der Großen und Prinzessin Margaret, Jack Lemmon und Sophia Loren, Gerhard Richter hat das Gebäude gemalt.
Das Hotel „Excelsior Vittoria“ liegt in Sorrent, einer kleinen Küstenstadt an der Amalfiküste, eine knappe halbe Autostunde von Positano entfernt. Seit seiner Gründung vor mehr als 190 Jahren ist das Haus im Besitz derselben Familie. Auch unter den Angestellten finden sich manche, deren Eltern und Großeltern schon hier arbeiteten. In den Zimmern stehen ausgesuchte Antiquitäten, kein Raum gleicht dem anderen.
Im 19. Jahrhundert war das „Excelsior Vittoria“ das modernste Hotel am Ort, weil es private Badezimmer hatte, sagt Guido Fiorentino, Nachfahre des Hotelgründers. Er hatte zunächst Karriere in der Lederindustrie gemacht; als sein Vater ihn fragte, ob er in die Geschäftsführung des Vittoria eintreten wollte, bat er sich einen Monat Bedenkzeit aus, so gewaltig schien ihm die Aufgabe. Eine klassische Hotelausbildung hat er nie absolviert, die wichtigen Dinge hat er von seinem Vater gelernt, mit dem er bis zu dessen Tod eng zusammen gearbeitet hat. Seit 2010 führt er das Hotel. Schon als Kind hörte er Unterhaltungen wie diese: Frau Soundso, die so gern Tiramisu möge, reise an, das Dessert müsse vorbereitet werden. Einmal hat er einen Stammgast in Manhattan besucht, der verfügte über unendliche Reserven, an seinen Wänden hingen echte Picassos. Signor Fiorentino brachte ihm ein Glas eingelegter Tomaten aus dem Hotelgarten mit – die würde er sich für eine spezielle Gelegenheit aufbewahren, sagte der Mann aus New York, als spreche er von einem ganz besonderen Wein.
Der Zauber des Hotels entfaltet sich, kaum dass man die ersten Schritte im Garten gemacht hat. Direkt in der betriebsamen Ortsmitte von Sorrent gelegen, passiert man ein schmiedeeisernes Tor, darüber steht in goldenen Jugendstil-Buchstaben „Excelsior Grand Albergo Vittoria“, die üppige Vegetation des parkähnlichen Geländes schluckt auf wundersame Weise Straßenlärm und Stimmengewirr. Vorbei an Zitronenbäumen, Hortensien, Bougainvilleen und Palmen erreicht man die lichtdurchflutete Lobby, unter einem dichten Dach aus Glyzinien wartet die Champagnerbar. Im letzten Jahr hat das Magazin „Travel + Leisure“ das „Vittoria“ zum besten Resort Italiens gekürt.
Ein Aufzug führt vom Hotel direkt zum Hafen und zum Strand. Die alten Römer benutzten zu diesem Zweck einen Tunnel, Reste der Anlage sind noch zu sehen. Aber so klassisch das Hotel auch ist, so sehr es sich vor der Vergangenheit verbeugt, es geht mit der Zeit. Auf Instagram sind sie seit elf Jahren aktiv, die Söhne Luca und Peter sind digital sehr versiert, sie werden das Hotel eines Tages weiterführen, in der sechsten Generation.
Viel ändern werden auch sie nicht. Außen dürfen sie das gar nicht, das verhindern die strengen Auflagen der Denkmalbehörde. Aber auch der Umgang mit den Gästen folgt einem ganz eigenen Kodex. Sein Vater, so Guido Fiorentino, habe ihm einmal gesagt, das Wichtigste sei, Gäste glücklich zu machen. So glücklich, dass sie beim Abschied ein bisschen traurig sind – dann habe man alles richtig gemacht, dann kehrten sie vielleicht irgendwann zurück. Um die Wartezeit zu überbrücken, gibt es die Online-Boutique mit Orangenmarmelade und Olivenöl, natürlich aus dem eigenen Garten.



